SPIEGEL muss Gegendarstellung abdrucken

Die Zeitschrift Spiegel muss eine Gegendarstellung eines ehemaligen Redakteurs des Konkurrenzblattes Focus abdrucken. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommt es zur wirksamen Ausübung des Rechts auf Gegendarstellung auf Zeitnähe an. Die durch eine vorgängige ausführliche gerichtliche Überprüfung verstreichende Zeit stelle nämlich einen erheblichen Nachteil für die Wirksamkeit einer Gegendarstellung dar, die aller Erfahrung nach nicht kompensiert werden könne.

Sollte das Gericht dann aber feststellen, dass die Gegendarstellung in der beantragten Form nicht hätte abgedruckt werden müssen, stünden dem Spiegel ausreichend publizistische Möglichkeiten zur Verfügung, diesen Umstand gebührend herauszustellen und auf den eigenen Erfolg hinzuweisen.

Quelle: Pressemitteilung des BverfG Nr. 110/2000 vom 17. August 2000 Dazu Urteil vom 11. August 2000 - 1 BvQ 22/00 -

SPIEGEL muss FOCUS-Gegendarstellung abdrucken

Ein Eilantrag der Verlegerin des Wochenmagazins DER SPIEGEL (Antragstellerin; Ast), die Verpflichtung zum Abdruck einerGegendarstellung durch einstweilige Anordnung beim BVerfG zunächst hinauszuschieben, ist abgelehnt worden.

In der Ausgabe 23/2000 war im SPIEGEL ein Artikel unter der Überschrift "Aktien, Aktien, Aktien" erschienen, welcher sich kritisch mit der Berichterstattung der Zeitschrift FOCUS in der Rubrik "Geldanlage" und den finanziellen Aktivitäten des von 1993 bis 1999 zuständigen Redakteurs beschäftigte. Auf Antrag dieses Redakteurs, der inzwischen aus der Redaktion des FOCUS ausgeschieden ist, verpflichtete das Landgericht Hamburg den SPIEGEL im Wege der einstweiligen Verfügung zum Abdruck einer Gegendarstellung. Mit Urteil vom 21. Juli 2000 bestätigte es die einstweilige Verfügung.

Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte die Ast, die Vollziehung des landgerichtlichen Beschlusses einstweilen, bis zur Entscheidung über die noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde (Vb),auszusetzen. Die Entscheidung verletze ihr Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GG.

Mit Beschluss vom 11. August 2000 hat die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Aus der Folgenabwägung ergibt sich, dass die Nachteile, die der Ast im Falle der Ablehnung des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung drohen, weniger schwer sind als die Nachteile, die für den Gegner des Ausgangsverfahrens im Falle eines Anordnungserlasses entstünden. Muss die Ast nämlich eine Gegendarstellung zunächst abdrucken, die ihr in dieser Form nicht hätte auferlegt werden dürfen, wird zwar in ihre redaktionellen Auswahlmöglichkeiten eingegriffen. Bei einem etwaigen Erfolg der Vb hätte es die Ast, die unmittelbar die Möglichkeit publizistischer Äußerungen hat, aber auch in der Hand, diesen dann öffentlich wirksam herauszustellen.

Ergeht hingegen die einstweilige Anordnung, ohne dass die Vb später zum Erfolg führt, würde die Ast vorläufig keine Gegendarstellung abdrucken. Diese Verzögerung kann unter Umständen bis zur Entscheidung über die Vb dauern. Eine Gegendarstellung ist aber auf Zeitnähe zur Erstmitteilung angewiesen.Ihr Effekt geht bei erheblich späterer Erscheinung verloren oder wird sogar konterkariert, wie das BVerfG schon mehrfach entschieden hat.

Beschluss vom 11. August 2000 - 1 BvQ 22/00 -Karlsruhe, den 17. August 2000

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