Arbeitgeber und der Wechsel der Lohnsteuerklasse

Wie das Bundesarbeitsgericht entschied, muß der Arbeitgeber nicht in jedem Fall einen Wechsel der Lohnsteuerklasse des Arbeitnehmers hinnehmen wenn dieser Wechsel für den Arbeitgeber, z.B. durch erhöhte Sozialabgaben und andere Lohnnebenkosten, nachteilig ist.

Nach dem BAG kommt es darauf an, ob der Wechsel der Lohnsteuerklasse für den Arbeitnehmer steuerlich vernünftig, bzw. nachvollziehbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn z.B. das Familieneinkommen des Arbeitnehmers, etwa durch einen wesentlich höheres Einkommen des Ehegatten, davon profitiert.

Daraus folgt: Der Arbeitgeber hat nach dieser Rechtsprechung einen immanenten - und einklagbaren - Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer, sollte sich der Wechsel der Lohnsteuerklasse für den Arbeitgeber nachteilig auswirken.

Es gebietet die arbeitsvertragliche Treuepflicht des Arbeitnehmers, seinen Arbeitgeber nicht grundlos zu belasten.Praktischer Beispielsfall: Der seinen Kindern aus erster Ehe unterhaltspflichtige A, der in Lohnsteuerklasse 3 ist, wechselt in die weniger günstige Klasse 5. Seine Frau aus zweiter Ehe wechselt in Klasse 3, obwohl sie viel weniger verdient als A. Dadurch versucht A, sich im Sinne des Unterhaltsrechts weniger leistungsfähig zu machen, so dass unter dem Strich mehr für die neue Ehe übrig bleibt.

War es aus unterhaltsrechtlicher Sicht auch schon bisher möglich, dieses Verhalten zu unterbinden ( wenn man davon wußte), hat nun auch der Arbeitgeber das Recht, seinen daraus erwachsenden Nachteil abzuwenden, wenn die oben genannten Voraussetzungen vorliegen. Unterhaltsrechtliche Gesichtspunkte berühren das Arbeitsverhältnis insoweit nämlich nicht.

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 57/03 vom 12.09.03

Rechtsmißbräuchlicher Wechsel der Lohnsteuerklasse

Der Arbeitgeber ist arbeitsrechtlich verpflichtet, die Lohnsteuer nach Maßgabe der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse vom (Brutto-)Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers einzubehalten und an den Fiskus abzuführen. Er ist dennoch nicht gehalten, eine nach § 242 BGB rechtsmißbräuchliche Lohnsteuerklassenwahl bei der Bemessung von nettobezogenen Zuschußleistungen zu berücksichtigen.

Nach § 5 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit im Öffentlichen Dienst ist der Arbeitgeber verpflichtet, das während der Altersteilzeit herabgesetzte Einkommen des Arbeitnehmers durch Aufstockungsleistungen auf 83 % seines bisherigen Nettoeinkommens zu erhöhen. Gleiches gilt für die Überbrückungsleistungen nach § 8 des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeitarbeit und Vorruhestand für die Arbeitnehmer der DB AG, die in Höhe von 85 % garantiert ist.

Durch die Wahl einer günstigen Steuerklasse erhöhen sich diese vom Arbeitgeber zu zahlenden Leistungen. Er kann dem Arbeitnehmer den Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegenhalten, wenn die Änderung der Steuermerkmale ohne sachlichen Grund erfolgt ist. Das ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Wechsel nur erfolgt, um den Arbeitgeber zu höheren Zahlungen zu verpflichten. Das ist insbesondere der Fall, wenn die gewählte Steuerklassenkombination für den Arbeitnehmer und seinen Ehegatten steuerrechtlich nachteilig ist. Maßgebend sind die monatlich anfallenden steuerpflichtigen Arbeitsentgelte beider Ehegatten. Ein Rechtsmißbrauch ist dann nicht gegeben, wenn die gewählte Steuerklassenkombination steuerlich vernünftig ist.

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in einem Fall Rechtsmißbrauch für den Fall angenommen, daß ein Arbeitnehmer aus der Lohnsteuerklasse V mit Beginn der Altersteilzeit in die Lohnsteuerklasse III wechselt, obwohl sein Arbeitsentgelt nunmehr nur etwa die Hälfte des Arbeitsentgelts seines Ehegatten beträgt. Steuerrechtlich ist diese Wahl nicht nachvollziehbar. In dem zweiten Fall hat der Senat nicht beanstandet, daß ein Arbeitnehmer, dessen Ehegatte seit vielen Jahre arbeitslos ist, im Zusammenhang mit der bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Kombination IV/IV in die steuerrechtlich angezeigte Kombination III/V wechselt. Die bisherige Steuerklassenwahl war steuerrechtlich ungünstig. Sie bietet sich nur bei etwa gleich hohen Monatseinkünften der Ehegatten an. Der Arbeitgeber wird durch die geänderte Lohnsteuerklasse zwar finanziell belastet. Das ist aber nicht rechtsmißbräuchlich.

Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 9. September 2003 - 9 AZR 554/02 - und - 9 AZR 605/02 -

Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 6. August 2002 - 6 (3) Sa 190/01 und Sächsisches Landesarbeitsgericht vom 15. Mai 2002 - 10 Sa 217/01 -

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