Leistungspflichtigkeit von Kindern ihren Eltern gegenüber

vgl. auch Urteil vom 19.03.2003

Der BGH stellte nunmehr fest, dass es nicht nur auf das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ankommt, sondern, soweit dieser in einer Familie lebt, auch auf seine Bedürftigkeit. Im konkreten Fall war eine Arbeitslose zu Zahlungen herangezogen worden. Dies wurde -zurecht- mit mangelnder Bedürftigkeit des Kindes begründet. Der Ehemann verdiente so viel ( über 11.500 DM netto mtl. seinerzeit) dass es bequem für beide reichte. Und weil es bequem für beide reichte, sei der Ehemann auch nicht als "mittelbar" herangezogen anzusehen.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 120/2003 vom 15.10.2003

Zur Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern

Der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich erneut mit der Frage zu befassen, in welchem Umfang Kinder zu Unterhaltsleistungen für ihre betagten Eltern herangezogen werden können. Der klagende Landkreis hatte der im Heim lebenden Mutter der Beklagten Sozialhilfe in Höhe der nicht durch eigene Einkünfte gedeckten Heimkosten gewährt. Mit seiner Klage macht er auf ihn übergegangene Unterhaltsansprüche der Mutter in Höhe eines Teils seiner Aufwendungen für die Zeit von September 1998 bis März 1999 geltend.

Die Beklagte ist arbeitslos. Sie bezog bis Oktober 1998 Arbeitslosengeld in Höhe von rund 2.000 DM monatlich, im November 1998 in Höhe von rund 1.000 DM. Seitdem hat sie keine eigenen Einkünfte mehr. Ihr Ehemann verdiente in dem streitigen Zeitraum ca. 11.500 DM netto monatlich. Die Ehegatten, die keine unterhaltsberechtigten Kinder haben, bewohnen ein ihnen jeweils hälftig gehörendes Eigenheim.

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Während das Amtsgericht die Beklagte zu Unterhaltsleistungen nur für die Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld verurteilt hat, hat das Oberlandesgericht der Klage des Sozialhilfeträgers in vollem Umfang stattgegeben, weil der Lebensbedarf der Beklagten durch den Familienunterhalt gedeckt sei. Deshalb müsse sie ihre Einkünfte aus Arbeitslosengeld, soweit sie sie nicht entsprechend ihrem Anteil am Gesamteinkommen der Eheleute zum Familienunterhalt beisteuern müsse, auch zum Unterhalt für ihre Mutter verwenden. Für die Zeit nach Wegfall des Arbeitslosengeldes hat das Oberlandesgericht sie für verpflichtet erachtet, etwa die Hälfte ihres Taschengeldanspruchs gegen ihren Ehemann für den Unterhaltsanspruch der Mutter einzusetzen.

Der Senat hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen und die Auffassung der Vorinstanz bestätigt, daß ein Unterhaltsschuldner die ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel, auch wenn diese seinen Selbstbehalt nicht überstiegen, zum Unterhalt einzusetzen habe, soweit er sie zur Bestreitung seines eigenen angemessenen Lebensstandards nicht brauche. Das sei der Fall, wenn und soweit der von dem Ehegatten zu leistende Familienunterhalt so auskömmlich sei, daß der Unterhaltspflichtige daraus angemessen unterhalten werden könne. Die Höhe des von jedem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalts richte sich nach dem Verhältnis der beiderseitigen Nettoeinkommen. Da die Beklagte danach nur mit einem relativ geringen Anteil zum Familienunterhalt beizutragen habe, könne sie von ihrem Arbeitslosengeld den für September und Oktober 1998 verlangten Betrag von je 810 DM und für November 1998 von 380 DM aufbringen.

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Der seiner Schwiegermutter nicht unterhaltspflichtige Ehemann werde hierdurch nicht mittelbar zum Unterhalt herangezogen, denn sein eigener angemessener Familienunterhalt sei gedeckt; die durch die Unterhaltsleistungen bedingte Schmälerung des Einkommens der Beklagten brauche er nicht auszugleichen, da auch deren angemessener Unterhalt gesichert sei.

Für die Folgezeit müsse die Beklagte aus dem Taschengeldanspruch, der ihr gegen ihren Ehemann zustehe, zum Unterhalt der Mutter beitragen. Auch Taschengeld sei grundsätzlich für Unterhaltszwecke einzusetzen, soweit es nicht zur Deckung des angemessenen Bedarfs des Unterhaltspflichtigen benötigt werde. Daß das Berufungsgericht im vorliegenden Fall die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit in Höhe von 260 DM, der Hälfte des Taschengeldes, bejaht habe, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine mittelbare Haftung des Ehemannes der Beklagten für den Unterhalt der Schwiegermutter scheide ebenso wie für den vorausgegangenen Zeitraum aus. Der Ehemann habe auf die Verwendung des Taschengeldes keinen Einfluß und brauche dieses in Höhe der hiervon zu bestreitenden Unterhaltsleistungen auch nicht aufzustocken.

Urteil vom 15. Oktober 2003 - XII ZR 122/00

Karlsruhe, den 15. Oktober 2003

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