Einschieben in fremde Serie - wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz

Jahrzehnte lang galt das "Einschieben in eine fremde Serie" als grundsätzlich wettbewerbsrechtlich unlauter. Damit sind Fallgruppen gemeint, in denen ein Anbieter Produkte anbietet, die bewußt kompatibel zu den Produkten anderer Hersteller sind. So konnte ein Anbieter vom Erfolg eines anderen profitieren. Der Anbieter hatte dabei ein geringeres wirtschaftliches Risiko als der Originalhersteller und konnte seine Produkte regelmäßig günstiger anbieten, da er sich Entwicklungskosten sparte.

Nach der neuen Entscheidung des BGH ist diese Fallgruppe jetzt differenzierter zu betrachten: Der mit dieser Fallgruppe angenommene Investitionsschutz des Originalherstellers ist zumindest nach 50 Jahren unbehinderter Marktpräsenz als abgelaufen zu bewerten.

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Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 147/2004 vom 03.12.04

LEGO-Klemmbausteine

Der u.a. für das Wettbewerbs-, Geschmacksmuster- und Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gestern über die Frage entschieden, ob für ein aus Klemmbausteinen bestehendes Spielzeugsystem ein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz in Betracht kommt. Der Bundesgerichtshof hatte in zwei Entscheidungen aus den Jahren 1964 und 1992 einen wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz speziell für die LEGO-Klemmbausteine unter dem Gesichtspunkt des "Einschiebens in eine fremde Serie" bejaht. Diese Rechtsprechung ist zunehmend auf Kritik gestoßen, u.a. im Hinblick auf die Entwicklung des Wettbewerbsrechts im Raum der Europäischen Gemeinschaft.

Landgericht und Berufungsgericht hatten einen solchen wettbewerbsrechtlichen Schutz weiterhin bejaht. Der Bundesgerichtshof ist dem entgegengetreten: Er hat die kritischen Stimmen aufgegriffen und im Streitfall einen solchen wettbewerbsrechtlichen Schutz verneint. Einer abschließenden Beurteilung, ob die Fallgruppe des "Einschiebens in eine fremde Serie" im aktuellen Wettbewerbsrecht noch ihre Berechtigung habe, hat er nicht vorgenommen. Jedenfalls sei der mit dieser Fallgruppe verbundene Innovationsschutz des Klemmbaustein-Systems nach nunmehr rund 50 Jahren unbehinderter Marktpräsenz der Klägerin nicht mehr gerechtfertigt.

Der Senat konnte die Sache aber nicht abschließend entscheiden. Die Klage war auch auf Geschmacksmuster- und Markenrecht gestützt. Das neue, auf Gemeinschaftsrecht basierende Markenrecht eröffnet einen Schutz für die Form der Ware als Marke. Die Klägerin hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und eine Formmarke für den Klemmbaustein eintragen lassen. Das Berufungsgericht hatte - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - über den daraus hergeleiteten Schutz bislang nicht entschieden. Dieses wird es nunmehr nachzuholen haben.

Urteil vom 2. Dezember 2004 - I ZR 30/02

Karlsruhe, den 3. Dezember 2004

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