Bundesverfassungsgericht akzeptiert "Paparazzi"-Urteil des EGMR vom 24.06.04

Einige Wochen vor Ablauf der Verweisungsfrist gegen das Paparazzi-Urteil des EGMR hat das Bundesverfassungsgericht mitgeteilt, dass es auf eine Verweisung an die grosse Kammer des Menschengerichtshofs, welcher letztgültig über die Sache entscheiden könnte, nicht bestehe.

So wird dieses "Paparazzi"-Urteil wohl am 24.09.04 rechtskräftig werden.

Hintergründe und Auswirkungen:

Die Klageführerin Caroline von Hannover sah sich durch bestimmte Teile vor allem der deutschen Klatschpresse in ihrem Privatleben gestört. Aufnahmen von ihr und ihrer Familie wurden in jeder erdenklichen Situation, vor allem im privaten Bereich, gefertigt und über die Klatschpresse veröffentlicht.

Die Klageführerin wehrte sich gegen das massive Eindringen in nahezu alle Teile des Privatlebens, welches oftmals mit verzerrender Berichterstattung verbunden war. In Jahr 1999 entschied der Bundesgerichtshof, dass die Klageführerin eine "absolute Person der Zeitgeschichte" sei und dieses Interesse der Öffentlichkeit auch an ihren privaten Verrichtungen hinzunehmen habe.

Lediglich den Kinder der Klageführerin wurde ein größerer Schutz eingeräumt.Kurz darauf klagte Caroline von Hannover vor dem EGMR.

Das Urteil des EGMR weist in eine Richtung, die es den "Paparazzis"(~ Fotojäger) schwer machen wird, Bilder aus dem privaten Bereich Prominenter noch zu verkaufen. Das "Recht am eigenen Bild" welches Prominente aufgrund ihres Status, eben bekannt zu sein, teilweise aufgeben mussten, wird nun durch das Urteil ausgeweitet mit Hinweis auf den Schutz der Privatsphäre gem. Art. 8 der MRK. Folglich werden ungenehmigte Bilder aus dem Privatleben von Prominenten Klagen nach sich ziehen, die Klatschpresse wird diese Bilder aufgrund des Risikos nicht mehr veröffentlichen. Faktisch haben Prominente im privaten Bereich nun eine relative Ungestörtheit, da es sich für Paparazzis nicht mehr lohnt, den Prominenten in private Bereiche (Grundstücke etc.) hinterherzusteigen.

Anmerkung: Das Urteil ist sehr gut vertretbar. Die Rechtsprechung zum Recht am eigenen Bild wurde zunehmend im Sinne "eines Rechts der Öffentlichkeit", auch kleinste und privateste Verrichtungen von Prominenten zu schildern, mißbraucht. Die fällige Korrektur hat der BGH nur in Teilbereichen getroffen. Auch Prominente haben nun ein "Recht auf Privatleben". Den Paparazzis bleiben somit nur öffentliche Schauplätze und Anlässe um ihre Auftraggeber mit Material zu versorgen.

Link zu Pressemitteilung des EGMR (deutsch, Linksetzung: 06.09.04)

Art. 8 MRK: (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

(2)Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale und die öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, für die Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

Nachfolgend die Pressemitteilung des BVerfG:

Pressemitteilung Nr. 84/2004 vom 01. September 2004

Stellungnahme des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts zur Entscheidung der Bundesregierung im so genannten Caroline-von-Hannover-Verfahren vor dem EGMR

Zu der Begründung der Entscheidung der Bundesregierung, in dem Verfahren Caroline von Hannover gegen die Bundesrepublik Deutschland die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - nicht anzurufen, stellt der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jürgen Papier, fest:

Die Entscheidung über die Anrufung der Großen Kammer des EGMR in der Rechtssache Caroline von Hannover liegt in der politischen Verantwortung der Bundesregierung. Zur Vorbereitung dieser Entscheidung ist das Bundesverfassungsgericht von Seiten der Bundesregierung um Stellungnahme gebeten worden. Das Bundesverfassungsgericht hat darauf geantwortet, es sei nachvollziehbar, wenn die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die gesonderte Regelung der Pressefreiheit in Art. 5 Abs. 1 GG einen solchen Rechtsbehelf anstrenge. Ebenso sei es vertretbar, zunächst die Auswirkungen auf die Praxis der Fachgerichte in Deutschland und den übrigen Mitgliedstaaten der EMRK abzuwarten. Soweit sich zeige, dass es dauerhafte Kollisionen zwischen dem Schutz der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz und der Rechtsauffassung des EGMR gebe, müsse gegebenenfalls in einem späteren Verfahren auch die Große Kammer des EGMR angerufen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb nicht auf einer Anrufung der Großen Kammer des EGMR bestanden.

Karlsruhe, den 1. September 2004

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