BVerfG stärkt Patientenrechte

Das Bundesverfassungsgricht hat in einer Entscheidung klargestellt, dass Patienten ein Anrecht auf die richtige Mitteilung des ärztlichen Befunds durch den untersuchenden Arzt haben.Es hat dabei deutlich gemacht, dass bei der Mitteilung des Befundes darauf geachtet werden muss dass der Patient den Befund vollständig wahrnehmen kann.

Obwohl es gewöhnlich ausreicht, wenn der Befund mündlich mitgeteilt wird, kann in den Fällen, in denen der Patient an einem körperlichen Gebrechen leidet der die Aufnahme des ausgesprochenen Befundes im Ganzen oder teilweise vereitelt, (Schwerhörigkeit) der Arzt verpflichtet sein, den Befund schriftlich mitzuteilen.

Geschieht dies trotz mehrfacher Aufforderung durch den Patient nicht, hat der Patient einen einklagbaren Anspruch auf Erteilung des schriftlichen Befundes.

Anmerkung: Davon nicht direkt betroffen sind die Fälle der Fremdsprachenbarriere. Das Vertragsverhältnis Arzt-Patient wird in der Regel vom Patienten angebahnt dem es insoweit freisteht einen Arzt aufzusuchen, der seine Sprache spricht oder sich einer Person zu bedienen, die der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist um als Übersetzer bei der Mitteilung des Befundes fungieren zu können. Indes wird in Fällen akuter Gesundheitsgefährdung oder bei einer Notfallbehandlung die weitergehende Behandlung indiziert, ein vergleichbarer Anspruch gegeben sein.

Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 108/2004 vom 1. Dezember 2004
Dazu Beschluss vom 18. November 2004 - 1 BvR 2315/04 -

Zur Aushändigung eines schriftlichen Untersuchungsberichts an schwerhörige Patientin

Die 2. Kammer des Ersten Senats hat der Verfassungsbeschwerde (Vb) einer Beschwerdeführerin (Bf), die sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Amtsgericht (AG) und Landgericht (LG) erfolglos um die Aushändigung eines schriftlichen Berichts über das Ergebnis ihrer ärztlichen Untersuchung bemüht hatte, stattgegeben. Die angegriffenen Beschlüsse verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot. Die Sache wurde an das LG zurückverwiesen. Damit hat sich der weiter gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.

Zum Sachverhalt: Die 88-jährige Bf leidet unter anderem an einer erheblichen Sehschwäche, Schwerhörigkeit und einer Erkrankung des Herz- Kreislauf- Systems. Bei einer von ihrem Hausarzt veranlassten augenärztlichen Untersuchung konnte sie aufgrund ihrer Schwerhörigkeit die Äußerungen des Arztes zur Diagnose nicht verstehen. Die bei den Untersuchungen anwesende, ebenfalls schwerhörige Tochter der Bf nahm nur Bruchstücke der Äußerungen wahr. Trotz wiederholter Nachfrage gab der behandelnde Arzt der Bf zu dem genauen Befund keine Auskunft. Intensive Bemühungen der Bf um Aushändigung eines schriftlichen Untersuchungsberichts blieben erfolglos. Ihr gegen den Arzt gerichteter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte sowohl vor dem AG als auch dem LG keinen Erfolg. Mit ihrer gegen die gerichtlichen Entscheidungen erhobenen Vb rügt die Bf unter anderem die Verletzung des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG).

In den Gründen der Entscheidung heißt es: Sowohl das AG als auch das LG haben das Rechtsschutzziel der Bf nur unzureichend erfasst; ihre Erwägungen zur Rechtslage sind nicht mehr vertretbar.

Das LG hat das Begehren der Bf verkannt. Es ging ihr nicht darum, die Aufzeichnungen des Arztes einzusehen, sondern darum, erstmals vom Arzt die Diagnose zu erfahren. Aus dem Behandlungsvertrag hat der Arzt die Pflicht, den Patienten über den Befund und die weitere Prognose zu unterrichten. Dies folgt aus dem Selbstbestimmungsrecht und der personalen Würde des Patienten, die es verbieten, ihm im Rahmen der Behandlung die Rolle eines bloßen Objekts zuzuweisen. Üblicherweise reicht es aus, dass der behandelnde Arzt dem Patienten die Diagnose mündlich erläutert. Dies war aufgrund der Schwerhörigkeit der Bf und ihrer Tochter nicht bzw. nur erschwert möglich. In diesem besonderen Fall gehört es zu den vertraglich geschuldeten Pflichten eines Arztes, die Ergebnisse der Untersuchung dem Patienten schriftlich zugänglich zu machen.

Auch in Bezug auf die Frage der Notwendigkeit einer Regelung im Eilverfahren haben die Gerichte das Begehren der Bf nur unzureichend gewürdigt. Sie haben der Gesundheit der Bf nicht genügend Bedeutung beigemessen und sich nicht hinreichend mit der Frage beschäftigt, ob es der Bf - wie es das AG annimmt - tatsächlich zumutbar ist, einen weiteren Arzt aufzusuchen, um eine Diagnose zu erhalten. Dagegen sprechen ihr hohes Alter und ihre weiteren Erkrankungen. Relevant ist auch das Vorbringen der Bf, dass für eine erneute Netzhautuntersuchung die Verabreichung pupillenweitender Tropfen erforderlich sei. Dies könne angesichts ihrer Herz- Kreislauf- Erkrankung zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Darüber hinaus steht der Umstand, dass die Bf eine akut notwendige Versorgung nicht geltend gemacht hat, der Dringlichkeit einer gerichtlichen Regelung nicht entgegen. Denn die Bf will gerade darüber aufgeklärt werden, ob die Gefahr eines gesundheitlichen Schadens besteht, falls sie sich nicht einer weiteren ärztlichen Behandlung unterzieht. Schließlich haben die Gerichte Hinweise darauf, dass bei der Bf eine fortschreitende und behandlungsbedürftige Augenerkrankung vorliegen könnte, bei der Beurteilung der Dringlichkeit nicht berücksichtigt.

Beschluss vom 18. November 2004 - 1 BvR 2315/04 -

Karlsruhe, den 2. Dezember 2004

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