Kündigung eines Schwerbehinderten, Zugangsvereitelung

Schwerbehinderte genießen einen besonderen Kündigungsschutz, aber erst sechs Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses. Wer vorher eine ihm bekannte Kündigungsabsicht des Arbeitgebers durch Angabe einer falschen Postanschrift zu vereiteln sucht oder vereitelt, muss sich so behandeln lassen, als sei ihm die Kündigung zugegangen, wenn der Arbeitgeber alles Nötige unternommen hat, die Kündigung zuzustellen.

Interessant bei dieser Entscheidung ist, dass der Arbeitgeber nicht gezwungen wird, alles Erdenkliche zu unternehmen, die Kündigungserklärung, etwa durch Übergabe am Arbeitsplatz, zuzustellen. Es stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber dazu grundsätzlich verpflichtet ist.

Unserer Auffassung nach ist die Übergabe der Kündigung am Arbeitsplatz nach erfolglosem postalischen Zustellversuch grundsätzlich zumutbar. Anders kann es sein, wenn der Arbeitnehmer wegen Krankheit nicht am Arbeitsplatz ist.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 57/2005 des BAG vom 22.09.05
Kündigung; Zugangsvereitelung

Besteht das Arbeitsverhältnis eines schwerbehinderten Arbeitnehmers bei Zugang der Kündigung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate, so bedarf die Kündigung nicht der Zustimmung des Integrationsamtes (§ 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX) und ist nicht auf ihre soziale Rechtfertigung zu überprüfen (§ 1 Abs. 1 KSchG). Einem Zugang der Kündigung in den ersten sechs Monaten steht es gleich, wenn der Arbeitnehmer den Zugang vor Ablauf von sechs Monaten treuwidrig vereitelt hat. Der Empfänger einer Kündigung kann sich nach Treu und Glauben nicht auf den verspäteten Zugang der Kündigung berufen, wenn er die Zugangsverzögerung selbst zu vertreten hat. Er muss sich dann so behandeln lassen, als habe der Kündigende die entsprechenden Fristen gewahrt. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Kündigende alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, damit seine Kündigung den Adressaten erreichen konnte.

Die Voraussetzungen einer treuwidrigen Zugangsvereitelung hat das Bundesarbeitsgericht in dem zu entscheidenden Fall bejaht. Dem Arbeitgeber war während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses die richtige Anschrift des Arbeitnehmers nicht bekannt. Der Arbeitnehmer hatte vielmehr, nachdem er von der Absicht, ihm zu kündigen, erfahren hatte, dem Arbeitgeber erneut als seine Anschrift eine Wohnung angegeben, aus der er schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgezogen war und unter der die Zustellung des Kündigungsschreibens erfolglos blieb.

BAG, Urteil vom 22. September 2005 - 2 AZR 366/04 -

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