Mängelnachweis bei Kauf einer gebrauchten Sache

Eigentlich eine klare Sache: §476 BGB enthält eine gesetzliche Vermutung, dass Dinge, bei denen sich innerhalb von sechs Monaten nach Kauf ein Mangel zeigt, bereits bei Gefahrenübergang ( zumeist Kauf und Übergabe) mangelhaft gewesen seien. Es obliegt dann dem Verkäufer nachzuweisen, dass die Sache nicht mangelhaft war. Darauf hat ein Käufer eines Gebrauchtwagens gebaut und nach einigem Hin- und Her einen festgestellten Mangel reparieren lassen.

Dabei hat er das defekte Teil jedoch nicht aufgehoben oder eine Anweisung dazu erteilt, sondern von der Werkstatt entsorgen lassen.

Jetzt konnte der Käufer den angeblichen Mangel, der Vorbedingung für § 476 BGB ist, jedoch nicht mehr nachweisen und dem Verkäufer war der Beweis des Gegenteils ( Mangelfreiheit der Sache) abgeschnitten.

Grundsätzlich ist der Käufer verpflichtet, den Mangel der Sache nachzuweisen und der Verkäufer berechtigt, die gesetzliche Vermutung, dass der Mangel von Anfang an vorhanden war, zu widerlegen. Die Sechs-Monatsfrist stellt nur eine Beweiserleichterung für den Käufer durch eine gesetzliche Vermutung dar und befreit nicht von der Pflicht das defekte Teil zu einer Begutachtung aufzuheben.

Wird das angeblich mangelhafte Teil entsorgt, besteht jedoch keine Möglichkeit mehr, das Vorliegen eines Mangels bzw. die Ursache des Mangels oder des Schadens festzustellen.

Ein Schaden kann aber auch durch normalen Verschleiß der Sache eintreten. Daher urteilte der BGH zurecht, dass mangels konkreter Anhaltspunkte von der wahrscheinlichsten Ursache des Schadens auszugehen sei, nämlich nach Sachverständigengutachten ein typischer Verschleiß der Sache. Da aber normaler Verschleiß grundsätzlich keinen Mangel der Sache darstellt, ging der Käufer leer aus.

Fazit: Bei Reparatur einer mangelhaften Sache ist das defekte Teil wenigstens solange aufzuheben, bis die Frage der Mängelhaftung eindeutig geklärt ist.

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Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 164/2005

Beweisvereitelung eines Gebrauchtwagenkäufers bei Beseitigung eines angeblich mangelhaften Turboladers

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Käufer eines Gebrauchtwagens, der ein angeblich mangelhaftes Fahrzeugteil - im konkreten Fall einen Turbolader - durch eine Werkstatt austauschen lässt und dabei nicht für dessen Aufbewahrung sorgt, so dass es im Gewährleistungsprozess gegen den Verkäufer diesem nicht als Beweismittel zur Verfügung steht, eine fahrlässige Beweisvereitelung begeht. Deswegen konnte im konkreten Fall nicht von einem Mangel ausgegangen werden.

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Der Kläger hatte im Januar 2003 bei der Beklagten, die einen Handel mit Gebrauchtwagen betreibt, für seine private Nutzung einen Personenkraftwagen gekauft, der im April 1994 erstmals zugelassen worden war und einen Kilometerstand von 191.347 aufwies. Nach angeblich weniger als sechs Monaten erlitt das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 197.223 einen Turboladerdefekt. Da die Beklagte trotz Androhung von gerichtlichen Schritten nicht zu einer kostenlosen Reparatur bereit war, ließ der Kläger den Turbolader anderweitig durch eine Werkstatt austauschen, die das Teil weggab. Nach Erhebung der Schadensersatzklage erlitt das Fahrzeug im Dezember 2003 bei einem Kilometerstand von 209.428 einen Motorschaden. Daraufhin hat der Kläger die Klage erweitert und zusätzlich zu den Reparaturkosten des Turboladers die Erstattung des Kaufpreises für das Fahrzeug Zug um Zug gegen dessen Rückgabe verlangt. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers aus den folgenden Gründen zurückgewiesen:

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Da der Turboladerdefekt zu dem nach §§ 434 Abs. 1, 446 Satz 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger noch nicht vorgelegen hatte, kam es für den Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Erstattung der Reparaturkosten darauf an, ob zu diesem Zeitpunkt bereits ein Sachmangel vorhanden war, der den Turboladerdefekt verursacht hat. Nach den auf zwei Sachverständigengutachten beruhenden Feststellungen der Vorinstanzen kamen zwei Ursachen in Betracht, nämlich der Verschleiß eines Dichtungsrings innerhalb des Turboladers oder - wenig wahrscheinlich - das Eindringen von Teilen einer unfachmännisch eingebauten Papierdichtung am Ansaugkrümmer des Motors über den Ölkreislauf in den Turbolader. Welche dieser beiden möglichen Ursachen gegeben war, ließ sich nicht mehr klären, weil der ausgebaute Turbolader für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stand.

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Da zwar eine unfachmännisch eingebaute Papierdichtung ein Sachmangel ist, nicht aber der - nach Alter und Laufleistung des Fahrzeugs - normale Verschleiß des Dichtungsrings, stellte sich die Frage, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit der Ursache für den Turboladerdefekt geht. In diesem Zusammenhang haben die Parteien darüber gestritten, ob dem Kläger die Beweislastumkehr des § 476 BGB zugute kommt. Nach dieser Vorschrift wird bei dem hier gegebenen Verbrauchsgüterkauf - das heißt dem Verkauf einer beweglichen Sache durch einen Unternehmer an einen Verbraucher. - in der Regel vermutet, dass ein Sachmangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit der Übergabe an den Käufer zeigt, schon bei der Übergabe vorhanden war.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt die Beweislastumkehr des § 476 BGB nicht für die - hier offene - Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt. Vielmehr setzt die Vorschrift danach einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und enthält eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war (BGHZ 159, 215). Aber auch wenn man dieser Meinung nicht folgen und wenn sich die Beweislastumkehr des § 476 BGB entgegen dem Wortlaut der Vorschrift auf die Ursache eines sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigenden Sachmangels erstrecken sollte, würde sich hier letztlich nichts anderes ergeben, weil der Kläger den der Beklagten dann obliegenden Beweis des Gegenteils fahrlässig vereitelt hat.

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Der Kläger hätte erkennen können und durch eine entsprechende Anweisung verhindern müssen, dass die von ihm mit dem Austausch des defekten Turboladers beauftragte Werkstatt diesen nicht aufbewahrt. Er hätte bedenken müssen, dass der defekte Turbolader in dem Schadensersatzprozess, den er der Beklagten bereits vor dem Austausch angedroht hatte, als Beweismittel benötigt werden würde und deswegen aufbewahrt werden musste.

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Aufgrund der fahrlässigen Beweisvereitelung des Klägers war von dem wahrscheinlichsten Geschehensablauf auszugehen, nämlich dass der Turboladerschaden durch normalen Verschleiß des Dichtungsrings verursacht worden ist und damit nicht auf einem Mangel beruht, für den die Beklagte haftet.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB auf Erstattung des Kaufpreises für das Fahrzeug wegen Rücktritts vom Kaufvertrag lagen nicht vor, da der Kläger nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht hatte, dass insbesondere der erst nach der Übergabe des Fahrzeugs eingetretene Motorschaden auf einen zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Sachmangel zurückzuführen war. Die Beweislastumkehr des § 476 BGB kam dem Kläger insoweit schon deswegen nicht zugute, weil sich der Motorschaden nicht innerhalb von sechs Monaten seit Übergabe, sondern erst mehr als zehn Monate danach gezeigt hatte.

Urteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05

LG Heilbronn - Entscheidung vom 23.8.2004 - 1 O 12/04 ./. OLG Stuttgart - Entscheidung vom 31.1.2005 - 5 U 153/04

Karlsruhe, den 23. November 2005

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