Zu Verträgen über R-Gespräche

Seit einiger Zeit werden die so genannten R-Gespräche auch bei uns heimisch. Dabei zahlt der Angerufene nach erteilter Zustimmung die Kosten, nicht der Anrufer.

Im vorliegenden Fall wurde eingewandt, die minderjährige Tochter habe die Gespräche angenommen. Minderjährige sind nur beschränkt geschäftsfähig, vgl. § 106 BGB. Ein wirksamer Vertrag mit einem Minderjährigen hängt dann in der Regel von der Zustimmung der Eltern ab.

Das hat der BGH genauso gesehen und darauf hingewiesen, dass den Anschlussinhaber (Eltern) auch kein Verschulden durch fehlende Aufklärung des Minderjährigen treffe,da zum damaligen Zeitpunkt (Juni 2003) R-Gespräche noch selten und um wesentlichen unbekannt waren. Es muss nun geklärt werden, ob die Tochter die R-Gespräche wirklich geführt hat.

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Problematisch kann bei R- Gesprächen weiter sein, so der BGH, dass die Kosten für ein R-Gespräch ein Vielfaches von normalen Gesprächen betragen können und somit wucherisch überhöht sein können.

Stellungnahme: Dem ist zuzustimmen. Der Preis von 2,9 Cent pro Minute bewegt sich im Bereich klassischer Mehrwertdienste mit 0900-Nummern. Wo der Mehrwert für den Angerufenen liegen soll, ist auf den ersten Blick nicht offenbar. Allenfalls verbleibt die Bequemlichkeit des Angerufenen, selbst nicht die Nummer des Anrufers wählen zu müssen. Dafür ist der verlangte Preis recht hoch.

Andererseits wird der Angerufene über die entstehenden Kosten vorher informiert. Freilich beträgt der Preis rund das Dreißigfache gewöhnlicher Verbindungskosten. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Annahme von R-Gesprächen nur dann geschehen wird, wenn es sich um wichtige Anrufe oder Anrufe von persönlich bekannten und geschätzten Personen handelt, welche im Angerufenen die moralische Verpflichtung entstehen lassen können, das Gespräch trotz seiner Kosten wegen einer vermuteten Dringlichkeit anzunehmen.

Hier könnte zudem die private Verbundenheit die eingangs erwähnten Kosten des Gesprächs in den Hintergrund treten lassen und für ein unnötig hohes und eigentlich unerwünschtes Gebührenaufkommen sorgen.

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Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 44/2006 vom 16.03.06

Bundesgerichtshof zu Verträgen über R-Gespräche

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Telekommunikationsdienstleistungsverträge zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Die Klägerin, ein Unternehmen, das Telekommunikationsdienstleistungen erbringt, verlangt von der Beklagten die Zahlung von Entgelten für so genannte R-Gespräche in Höhe von 593,06 €. Bei diesen Telefonaten trägt nicht der Anrufer, sondern der Angerufene die Kosten.

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Die von der Klägerin vermittelten Gespräche kamen, wenn der Anruf von einem Mobiltelefonnetz ausging, folgendermaßen zustande: Der Anrufer wählte eine kostenlose, mit der Ziffernfolge 0800 beginnende Rufnummer der Klägerin sowie die Nummer des Anschlusses, mit dem das Gespräch geführt werden sollte und sprach seinen Namen. Die Klägerin stellte sodann die Verbindung her.

Der Angerufene hörte zunächst die gebührenfreie automatische Ansage "Hallo, Sie haben ein R-Gespräch von (Name). Dieser Teilnehmer ruft Sie aus dem deutschen Mobilnetz an. Möchten Sie dieses Gespräch für nur 2,9 Cent pro Sekunde entgegennehmen, dann drücken Sie jetzt die Eins und die Zwei." Folgte er dieser Aufforderung, wurde zum Anrufer durchgestellt. Unterließ der Angerufene die Annahme, wurde die Verbindung für ihn kostenfrei beendet.

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Die Beklagte unterhält einen Festnetzanschluss bei einem von der Klägerin verschiedenen Telefonunternehmen, über den im Juni 2003 mehrere auf diese Weise aus einem Mobilfunknetz vermittelte Telefonate geführt wurden. Gegen die Entgeltforderung der Klägerin hat sich die Beklagte mit der Begründung gewehrt, die Telefonate habe ihre seinerzeit 16-jährige Tochter geführt, ohne hierfür eine Erlaubnis gehabt zu haben.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung der Klägerin ist die Beklagte zur Zahlung des verlangten Entgelts verurteilt worden. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, auf die Frage, wer die R-Gespräche geführt habe, komme es nicht an. Die Beklagte müsse sich jedenfalls das Verhalten ihrer Tochter nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen.

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Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, dass über die Behauptung der Beklagten, nicht sie selbst, sondern ihre Tochter habe die Telefonate geführt, Beweis zu erheben ist.

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Der Inhaber eines Telefonanschlusses wird zwar aus den im Wege der Nutzung seines Netzzugangs durch Dritte geschlossenen Telekommunikationsdienstleistungsverträgen - über die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht sogar hinausgehend - verpflichtet, wenn er die Inanspruchnahme des Anschlusses zu vertreten hat (§ 16 Abs. 3 Satz 3 TKV*). Gleichwohl haftet die Beklagte nicht, falls ihre Tochter die R-Gespräche geführt hat.

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Den Anschlussinhaber trifft keine Obliegenheit, durch technische Vorkehrungen die Entgegennahme von R-Gesprächen durch Dritte über seinen Netzzugang zu verhindern. Die derzeit in Betracht kommenden Maßnahmen, wie z.B. Sperre der eigenen Rufnummer bei dem Anbieter von R-Gesprächen, Vollsperre des Anschlusses für Dritte, Tastensperre der Ziffern 1 und 2, Einrichtung einer Warteschleife oder Ausschaltung des Tonwahlverfahrens, sind zur Abwehr dieses Dienstangebots unzumutbar. Dies mag sich ändern, wenn der Anschlussinhaber, wie es ein Gesetzentwurf vorsieht, die Möglichkeit erhält, sich durch Aufnahme in eine bei der Regulierungsbehörde geführte Sperrliste, die R-Gesprächsanbietern zur Verfügung steht, vor diesem Dienst zu schützen.

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Die Beklagte war auch nicht gehalten, ihrer Tochter vorsorglich die Entgegennahme von R-Gesprächen zu verbieten, da dieser Dienst und dessen hohe Kostenträchtigkeit im maßgebenden Zeitraum (Juni 2003) nach dem bisherigen Sach- und Streitstand einem durchschnittlichen Telefonanschlussinhaber nicht geläufig sein mussten.

Der III. Zivilsenat hat ferner entschieden, dass ein Recht auf Widerruf der auf Abschluss eines Vertrages über die Herstellung eines R-Gesprächs gerichteten Willenserklärung gemäß § 312d Abs. 3 BGB** nicht besteht, wenn der Angerufene das Gespräch durch Wahl einer Tastenkombination am Telefonapparat annimmt.

Das Berufungsgericht wird weiter, soweit es hierauf noch ankommen sollte, zu prüfen haben, ob der von der Klägerin verlangte Preis wucherisch überhöht ist.

Urteil vom 16. März 2006 - III ZR 152/05

AG Würzburg - Urteil vom 15. Februar 2005 - 16 C 2202/04 ./.

LG Würzburg - Urteil vom 29. Juni 2005 - 42 S 486/05

Karlsruhe, den 16. März 2006

*§ 16 Abs. 3 TKV: Nachweis der Entgeltforderungen

(3) Dem Anbieter obliegt der Nachweis, die Leistung bis zu der Schnittstelle, an der der allgemeine Netzzugang dem Kunden bereitgestellt wird, technisch einwandfrei erbracht und richtig berechnet zu haben. Ergibt die technische Prüfung Mängel, die die beanstandete Entgeltermittlung beeinflusst haben könnten, wird widerleglich vermutet, dass die Verbindungsentgelte des Anbieters unrichtig ermittelt sind. Ist der Nachweis erbracht, dass der Netzzugang in vom Kunden nicht zu vertretendem Umfang genutzt wurde, oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass die Höhe der Verbindungsentgelte auf Manipulationen Dritter an öffentlichen Telekommunikationsnetzen zurückzuführen ist, ist der Anbieter nicht berechtigt, die betreffenden Verbindungsentgelte vom Kunden zu fordern.

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** § 312d BGB Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen (in der hier maßgeblichen, 2003 geltenden Fassung)

(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 eingeräumt werden.

(2)...

3) Das Widerrufsrecht erlischt bei einer Dienstleistung auch, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hat.

(4) und (5) ...

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