Fliegender Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht

Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern geht in die nächste Runde. Das KG Berlin hat in seinem Beschluß vom 25.01.2008, AZ: 5 W 371/07, welcher am 11.02.2008 veröffentlicht wurde, den so genannten fliegenden Gerichtsstand dem Grundsatz nach bekräftigt. Ausnahmen von der Wahlfreiheit des Anspruchsstellers bzw. Klägers seien eng zuziehen.

Nach §14 Abs. 2 UWG ist der Gerichtsstand der Ort, an dem der Wettbewerbsverstoß begangen wurde. In den Zeiten des Internets kann das unter Umständen jeder Ort sein, von welchem z.B. eine bestimmte Webseite mit wettbewerbswidrigen Inhalt abgerufen werden kann.

Die Entscheidung des Kammergerichts zum fliegenden Gerichtsstand betraf unter anderem die Frage, unter welchen Umständen die Wahl eines Gerichtsstandes durch den Kläger oder Antragsteller rechtsmißbräuchlich sein kann. Das Kammergericht führte dazu folgendes aus:

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Die durch die Regelung des fliegenden Gerichtsstands ermöglichte deutschlandweite Gerichtswahl schließt die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Wahl im Einzelfall nicht aus [...]. Grundsätzlich ist es allerdings nicht als missbräuchlich (§ 8 Abs. 4 UWG) anzusehen, wenn der Kläger das ihm bequemste oder genehmste Gericht auswählt, also beispielsweise sein Heimatgericht oder das Gericht mit der ihm am günstigsten erscheinenden Rechtsprechung. Es ist gerade in Rechtsstreitigkeiten des gewerblichen Rechtsschutzes weder ungewöhnlich noch anrüchig, wenn angreifende Wettbewerber im Hinblick auf den häufig eröffneten "fliegenden Gerichtsstand" das gerichtliche Forum wählen, welches ihnen im Hinblick auf die dort vorherrschende Rechtsprechung zur Erreichung ihrer Prozessziele am meisten Erfolg versprechend erscheint. Dieser Effekt ist im Hinblick auf § 14 Abs. 2 UWG Ausdruck des gesetzgeberischen Willens. [...] Jede auf den Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs wegen Ausnutzung eines bestehenden "Rechtsprechungsgefälles" gestützte Beschränkung der zur Entscheidung zuständigen Gerichte, die weiter geht als die aus den jeweils anwendbaren allgemeinen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit, bedeutet nicht nur eine Verweigerung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), sondern zugleich auch eine Missachtung des Gleichheitsgebots [...]. Die Ausnutzung des "fliegenden" Gerichtsstands nach § 14 Abs. 2 UWG, § 35 ZPO ist also grundsätzlich keine unzulässige Rechtsausübung. Denn die Gerichtswahl nach § 35 ZPO kennt grundsätzlich keine Einschränkung, und zwar auch dann nicht, wenn ein Antragsteller unter Ausnutzung diesbezüglicher Möglichkeiten die Rechtsprechung verschiedener Gerichte sozusagen "testet".
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Quelle: Besschluß des KG Berlin 5 W 371/07 vom 25.01.2008.

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Im gegebenen Fall jedoch bejahte das Gericht eine rechtsmißbräuchliche Gerichtswahl: Die klagende Firma hatte nämlich systematisch Mitbewerber an von den jeweiligen Gegnern weit entfernten Orten verklagt ohne dass ein sachlicher oder nachvollziehbarer Grund erkennbar war. Weder war es der Ort der Niederlassung der Klägerin, noch jener ihres Anwalts noch der mit der günstigsten Rechtsprechung.

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Die Klägerin oder Antragstellerin zeigte durch ihr Verhalten, dass es ihr vermutlich vor allem darum ging, den Gegner im Fall der aktiven Verteidigung mit erheblichen Reisekosten zu belasten, so dass die Wahl des entfernten Gerichtsortes als Einschüchterungstaktik interpretiert werden konnte. Diese dem §14 Abs. 2 UWG sachfremde Erwägung führte dazu, dass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens tragen mußte. Anders entschieden haben die Frage des fliegenden Gerichtsstandes aber zum Beispiel das OLG Bremen in seiner Entscheidung vom 17.02.2000, Az: 2 U 139/99 und das OLG Celle (OLG-RR 2003, 47) mit zum Teil beachtlichen Gründen.

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Endgültig geklärt wird die Frage des fliegenden Gerichtsstandes so nicht. Je nach Art des Wettbewerbsverstoßes und konkreter Sachlage kann sich eine Einschränkung des fliegenden Gerichtsstandes ergeben.

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