Fotos mit anderweitig urheberrechtlich geschützten Bildbestandteilen

Sperriger Titel, einfache Erklärung. Ein mittlerweile häufiger Fall: Er oder sie trägt ein Kleidungsstück, auf dem z.B. das Label des Herstellers aufgedruckt ist. Er oder sie wird fotografiert, das Bild erscheint in einer Zeitung, einem Magazin oder wird anderweitig veröffentlicht. Das Label ist erkennbar. Je nach Zusammenhang wünscht der Hersteller des T-Shirts bzw. der Urheber des Labels nicht mit dem Bild oder der zugrunde liegenden Aussage in Verbindung gebracht zu werden oder sieht eine Chance zum Geldverdienen.

Konkret ging es bei der Entscheidung des OLG München vom 13.03.2008, AZ: 29 U 5826/07, um ein Focus-Titelblatt von Mai 2006 über die Berufswahl junger Leute. Darauf war ein junger Mann abgebildet, der ein T-Shirt mit einem gut erkennbaren Label trug, namentlich "Fallguy".

Ein markenrechtlicher Anspruch schied aus verschiedenen Gründen aus, so dass die Kläger versuchten, über das Urheberrecht das Erscheinen des Labels untersagen zu lassen und Schadensersatz begehrten. Damit scheiterten sie.

Das OLG München lehnte die Berufung der Kläger als unbegründet ab, wobei insbesondere offen gelassen wurde, ob in der Gestaltung des Labels "Fallguy" überhaupt urheberrechtliche Schöpfungshöhe erreicht wurde, denn schon

§ 57 UrhG erklärt eine Vervielfältigung und Verbreitung von Werken dann für zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung oder Verbreitung anzusehen sind.[...] Wie das Landgericht zu Recht entschieden hat, ist dieses Design nur unwesentliches Beiwerk zu dem eigentlichen Gegenstand (Hauptgegenstand), einem Magazinheft mit einer berufswahlbezogenen Titelgeschichte. Unwesentliches Beiwerk liegt vor, wenn es keine noch so unbedeutende inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand aufweist und durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit für ihn ohne jede Bedeutung ist

Die Kläger versuchten nun, einen Bezug des T-Shirt-Labels zum Gegenstand der Magazingeschichte herzustellen. Würde das gelingen, wäre das ersichtliche Label kein "unwesentliches" Beiwerk mehr. Für das OLG war der von den Klägern dargelegte Bezug fernliegend:

Der Senat hat dem Vorbringen des Klägers entnommen, dass dieser bestrebt ist, mit folgender Argumentationskette eine Beziehung des Designs zum Titelthema des Heftes herzustellen: Das Design enthält den englischen Begriff "FALLGUY". Dieser bezieht sich auf eine amerikanische Fernsehserie gleichen Titels, die in den 80er Jahren auch in Deutschland ausgestrahlt wurde, hier jedoch unter dem Titel "Ein Colt für alle Fälle". Der Begriff "Fallguy" sei ein Synonym fur "Stuntman". Stuntman sei ein Beruf. Der das T-Shirt tragende junge Mann drücke damit seinen Wunsch aus, den Beruf des Stuntman zu ergreifen. Damit sei die Beziehung zur Titelgeschichte des FOCUS hergestellt.

Nachdem das Gericht anhand seiner Recherchen in Wörterbüchern weiter ausführte, dass der Begriff "Fallguy" wohl eher "Prügelknabe" und vergleichbares bedeute, verneinte es auch die Verbindung zur genannten Fernsehserie: Es sei wohl kaum vorstellbar, dass eine Sendung, die vor über 20 Jahren in Deutschland unter einem anderen Titel lief, jetzt in der Lage sei, anhand ihres Originaltitels einen Bezug zur Titelgeschichte des Focus darzustellen. Daher sei das soweit sichtbare Label als unwesentliches Beiwerk einzustufen, ein urheberrechtlicher Anspruch scheitere damit bereits an §57 UrhG.

Fazit:Das obige Urteil betrifft nicht ausschließlich gestaltete Markenkennzeichen auf Kleidungsstücken. Es betrifft auch Bilder oder andere Werke, die einen bereits urheberrechtlich geschützten Inhalt abbilden. Würde jemand ein Foto veröffentlichen, auf dem etwa ein Werk der bildenen Künste zu sehen ist, müßte die gleiche Abwägung vorgenommen werden, die das OLG München oben vorgenommen hat. Bei einem gewöhnlichen Markenlabel ist außerdem nicht ohne weiteres von der urheberrechtlichen Werksqualität auszugehen.

Quelle: Urteil des OLG München vom 13.03.2008,AZ: 29 U 5826/07, nachzulesen bei Kanzlei Prof. Schweizer, München

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