Persönlichkeitsrecht und Boulevardblatt

"Eine gute Schlagzeile steigert die Auflage und wo's menschelt, verweilt der Leser besonders gern." In einfühlsamer Weise nahm sich die Münchner Lokalausgabe eines Boulevardblattes mit vier Buchstaben der Ehefrau eines mutmaßlichen Straftäters an. Jedenfalls behauptete sie das. Das Gericht sah das anders.

Die besagte Tageszeitung habe laut der Pressemitteilung des LG München I zur Akte Az. 9 O 15086/06 durch die Veröffentlichung

„Münchnerin heiratete diesen eiskalten Killer“ eingehend mit dessen Ehefrau befasst. Und das las sich dann so:
„Mit 40 noch mal einen zehn Jahre jüngeren Mann abgreifen – für die Münchner Krankenschwester Fiona Z. [Name und Beruf im Rahmen dieser Pressemitteilung geändert] war’s wie ein Hauptgewinn im Lotto“.
Die Zeitung hielt es auch für richtig, neben Alter, Beruf und dem halbwegs vollständigen Namen der Ehefrau deren Wohnort anzugeben und ihr Klingelschild an der Wohnungstür zu beschreiben.
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Auf eine entsprechendes Unterlassungsbegehren der solchermaßen behandelten Ehefrau reagierte die Zeitung nicht und ließ es auf ein Verfahren ankommen, in dem sie sich wie folgt verteidigen ließ:

Bei Straftaten müsse auch über die Sozialsphäre von Straftätern berichtet werden dürfen. Von einer Persönlichkeitsrechtsverletzung könne im Übrigen keine Rede sein. Im Gegenteil: Der Artikel erwecke vielmehr Mitgefühl gegenüber der Klägerin und Erleichterung, dass ihr nichts zugestoßen sei.

Das Gericht wiederum sah hierin eine erneute Verhöhnung der Klägerin:

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„Schon die Überschrift des … Artikels … stellt nicht in erster Linie auf die Straftat ab, … sondern stellt in reißerischer Manier die Beziehung der Klägerin zum Verdächtigen heraus. … Die Klägerin wird herabgewürdigt, indem ihr unterstellt wird, aus einer Art „Torschlusspanik“ heraus eine Beziehung zu ihrem Ehemann eingegangen zu sein. Damit wird ihr gleichzeitig unterstellt, normalerweise für eine Beziehung zu alt und nicht mehr attraktiv zu sein. … Unter diesen Umständen sind die Ausführungen in der Klageerwiderung, der Artikel wecke Mitleid mit der Klägerin und Erleichterung, dass ihr nichts passiert sei, eine zusätzliche Verhöhnung der Klägerin.“

Ja, was soll man dem noch hinzufügen? Natürlich: Die Quelle der Pressemitteilung:

Pressemitteilung Nr. 32/08 des LG München I vom 12.06.2008.

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