Bundesarbeitsgericht überlegt Abschied von der Tarifeinheit

Der vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in einer bemerkenswerten Entscheidung vom 27.01.2010 den Abschied von der Tarifeinheit eingeläutet. Das Wesen der Tarifeinheit ist etwas komplizierter, in seiner Wirkung aber einfach: Der Stärkere gewinnt.

Wer der Stärkere ist, bestimmte sich nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach dem Grundsatz der Spezialität: Wenn es mehrere für einen bestimmten Betrieb geltende Tarifverträge gibt, sei es aus Gründen der Tarifpluralität oder Tarifkonkurrenz, soll nur derjenige Tarifvertrag angewendet werden, der am besten auf den Betrieb passt.

Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.

Art.9 Abs.3 Grundgesetz

Das hatte zur Folge, dass als weniger speziell angesehene Tarifabschlüsse für den bestimmten Betrieb einfach kassiert wurden und so unter Umständen schlechtere Ergebnisse für bestimmte Arbeitnehmergruppen entstanden, obwohl deren Tarivertrag etwas anderes vereinbart hatte. Zumindest für die Fälle der so genannten Tarifpluralität, also wenn es für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Tarifverträge in einem Betrieb gibt, mochte der vierte Senat dem Gedanken der Tarifeinheit nicht mehr folgen.

Der Senat stellte klar, dass seiner Ansicht nach der rechtsstaatliche Grundsatz der Rechtssicherheit, welcher der Idee der Tarifeinheit zugrunde liegt, (folgend aus Art. 20 Grundgesetz) keine zulässige Schranke des durch Art. 9 Abs. 3 geschaffenen Rechts auf effektive Arbeitnehmerselbstorganisation darstelle. Der vierte Senat hat in seiner Entscheidung Aktenzeichen: 4 AZR 549/08 (A) also beschlossen, den zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts anzurufen, weil dieser bislang eine andere Rechtsauffassung vertritt.

Der Ausgang dieser Entscheidungsfindung ist mit Spannung zu erwarten.

Unserer Ansicht nach sollte das Recht der Arbeitnehmer auf effektive Selbstorganisation und -vertretung den Gedanken der Rechtssicherheit im Rahmen einer Abwägung in diesem Fall überwinden.

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