Tauben auf dem Balkon

Das Amtsgericht München hatte sich mit der spannenden Frage zu beschäftigen, ob Tauben auf dem Balkon eines Münchner Mieters oder ein feuchter Keller eine Mietminderung rechtfertigen oder nicht. Eine Mietminderung ist möglich, wenn die Mietsache im Gebrauchswert gemindert wird oder der Gebrauch ganz unmöglich wird.

Freilich ist dabei zu berücksichtigen, dass nicht jeder Umstand zu einer Mietminderung berechtigt. Zum einen können dem Mieter bekannte Umstände bei Vertragsschluß eine spätere Mangelanzeige und Mietminderung beschränken, zum anderen stellt sich die Frage, ob der Vermieter garantiemäßig für alle Einschränkungen der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache haftet. Letzteres will das AG München verneinen.

Der Zuflug von Tauben in einer Großstadt gehört zum allgemeinen Lebensrisiko

AG München AZ: 461 C 19454/09

Voraussetzung für eine Berechtigung zur Mietminderung ist nach Ansicht des AG München jedoch, ob der Vermieter eine wesentliche Ursache für den Zuflug der Tauben gesetzt habe. Dies Ursache verneinte das Gericht. Tauben in einer Großstadt seien üblich und deren Zuflug sei als allgemeines Lebensrisiko zu bewerten. Die Garantiehaftung des Vermieters für den Erhalt der vertragsgemäßen Gebrauchsmöglichkeit der Mietsache würde überdehnt, wenn der Vermieter auch noch für solche Zufälle haften solle ohne dem Zuflug etwa durch bauliche Umstände Vorschub geleistet zu haben.

Insoweit sei kein Unterschied zu auftretenden Mückenschwärmen oder Maulwurfshügeln zu erkennen.

Wie man sieht, kommt es auf den Einzelfall an, ob eine Mietminderung berechtigt ist oder nicht. Nach Ansicht des Gerichts wird das mögliche Risiko einer Taubenplage in einer Großstadt grundsätzlich als gegeben angesehen. Mit dieser Gefahr muss der Mieter also leben. Wollte er dieses Risiko ausschließen, muss er woanders wohnen.

Andererseits gibt es eine Menge Umstände, auf die ein Vermieter auch keinen Einfluss hat und wofür er nach gängiger Rechtsprechung trotzdem haftet: Baulärm, Mietminderung wegen Lärmbelästigung durch angrenzende Nachbarn und dergleichen mehr. Nachdem Ruhestörungen durch Nachbarn grundsätzlich auch zum allgemeinen Lebensrisiko einer Großstadtwohnung gehören, ist zu fragen, wo das Gericht hier die Grenze gezogen hat: Das wird nicht ersichtlich. Diskutabel wäre die Annahme, dass die Lage des Mietobjekts bereits gewisse Risiken schafft, die durch Bau in anderer Lage nicht eingetreten wären. Andererseits: Wer kann sich seine Nachbarn schon aussuchen? Das Urteil ist deshalb mit Vorsicht zu geniessen und unseres Erachtens kein Fingerzeig auf eine sich ändernde Rechtsprechung der Gerichte.

Mietminderung wegen eines feuchten Kellers

Ferner entschied das Gericht, dass auch ein feuchter Keller nicht zur Mietminderung berechtigte, wenn das Baujahr des Hauses (in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts) nahelege, dass die Bausubstanz wohl nicht den heutigen Erfordernissen entsprechen würde, zumal kurz nach dem zweiten Weltkrieg ein erhöhter Wohnungsbedarf bei bestehender Materialknappheit bestand.

Das Gericht unterstellte diese baugeschichtliche Tatsache als bekannt, zumal der Münchner Mietspiegel dies berücksichtige.

Diese Entscheidung ist insoweit schlüssig, als der Münchner Mietspiegel diese Umstände durch Abschläge berücksichtigt und der Mieter, unabhängig von seinem Alter und Erfahrung, davon hätte Kenntnis erlangen können. Ob man aber einen feuchten Keller als gegeben hinnehmen muss, bleibt trotzdem fraglich,denn mit dieser Argumentation lassen sich nahezu alle bauliche Mängel bei Objekten vergleichbaren Alters wegerklären.

Der Stuttgarter Mietspiegel 2009/2010 berücksichtigt diesen vom AG München als bekannt vorausgesetzten Umstand ( in der Regel unterdurchschnittliche Bauqualität) nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich. Dort werden alle Gebäude mit Baujahr vor 1975 grundsätzlich gleich behandelt, so dass die Sache hier wohl anders zu beurteilen wäre.

Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 28.06.2010

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