Schadenersatz bei Filesharing von Musik

Die Frage der Höhe des Schadens und damit auch die Frage nach Höhe des zu leistenden Schadenersatzes durch Filesharing wird von den Gerichten höchst unterschiedlich beurteilt. Eine kurze Darstellung und Kritik.

Von € 15,- bis € 1000,00 war schon alles vertreten für ein Musikstück. Das LG Düsseldorf zum Schadenersatz pro Titel bei Filesharing, AZ: 12 O 68/10, hat sich wohl auf € 300,00 eingeschossen. Zu Unrecht.

… lässt einen Betrag von 300,00 € pro Titel als angemessen erscheinen

Wie aber kommt das Landgericht zu dieser Wertung? Eingeklagt war ein Schadenersatz nach Lizenzanalogie, §97 Abs. 2 Satz3 UrhG. Schon hier kann ein Mißbrauch dieses Konstrukts liegen, denn für Filesharingbörsen aka "mehr oder weniger berechtigte freie Verwendung für jedermann" erteilt kaum jemand jemals eine Lizenz, denn das bedeutete letztlich, nahezu jede Kontrolle über die Verbreitung und Vervielfältigung des Musiktitels abzugeben. Gerade gewerbliche Verwerter machen genau das nicht.

Die Inanspruchnahme eines scheinbar nächstgelegenen GEMA- Streaming-Tarifs, wie in dieser Entscheidung gemacht, ist dogmatisch auch aus anderen Gründen nicht befriedigend. Dieser Tarif beinhaltet nämlich keine andauernde Vervielfältigungs- und Verbreitungsmöglichkeit, sondern beschränkt sich auf das bloße Anhören während des Downloads des Nutzers. Wenn es aber keinen passenden Tarif oder Preis bzw. wie oft genug gefordert, tatsächliche Lizenzgrundlage gibt, "den vernünftig denkende Parteien vereinbart hätten" (wer stellt sein Stück schon allen zur Verfügung? …), verbietet sich auch die Verwendung dieses GEMA-Tarifs als Grundlage einer Schadensberechnung nach Lizenzanalogie.

Folglich müßte der in seinem Recht Verletzte den Schaden konkret nachweisen. Das wurde bisher aber (meines Wissens) nie getan.

Andere Gerichte schätzen - ebenfalls ohne zureichende Grundlage - den Schaden Pi mal Daumen und berechnen ungefähr das Zehnfache dessen, was die entsprechende Musikdatei bei Kaufportalen wie amazon oder itunes kostet.

Das ist vermutlich keine ganz fernliegende Schätzung, aber eben nur eine Schätzung und wird den Gegebenheiten der Beweislast und Begründungspflicht im deutschen Prozeßrecht nicht gerecht. Wer seinen Schaden nicht anhand der Lizenzanalogie begründen kann, ist auf Nachweise angewiesen und nicht auf Schätzungen. Auch das erkennende und schätzende Gericht bevorzugt hier die Rechteinhaber unangemessen.

Natürlich ist der unberechtigte Download bzw. Upload urheberrechtlich geschützter Werke zu ahnden - aber mit den Mitteln, die das Gesetz mitgibt und nicht mit Mitteln luftiger Rechtsfortbildung. Hier wird offenbar der Gedanke der Generalprävention (allgemeine Vorbeugung) und vor allem der "punitive damages" über die Hintertür ins deutsche Recht eingeführt. Das ist - ohne entsprechende gesetzliche Grundlage - abzulehnen. Der vorbeugende Gedanke läßt sich in einigen Urteilen finden, aber nur hinsichtlich des Unterlassunganspruchs und läßt sich im Rahmen der Störerhaftung kaum begründen. Punitive Damages gibt es im deutschen Urheberrecht bislang nicht. Die Entscheidung des LG Düsseldorf entbehrt daher, wie so viele andere auch, einer zureichenden Rechtsgrundlage.

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