Sind Streaming-Abmahnungen gerechtfertigt?

Zur Zeit werden Streaming Nutzer wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Urheberrecht abgemahnt.

Dieser riesige Versuchsballon geistert durch Kanzleien und Gerichte. Eine Anwaltskanzlei mahnt seit ein paar Tagen im Auftrag einer Schweizer Firma deutsche Internetanschlußinhaber ab über deren Account angeblich Filme des Portals redTube per Streaming angeschaut wurden.

Macht sich derjenige, der nur einen Stream anschaut, haftbar?

Wie auch immer die Kanzlei an die IP-Adressen der Anschlußinhaber gekommen ist -notwendig für das Anschauen eines Streams sind diese nicht - in der letzten Woche wurden mehrere tausend deutsche Nutzer abgemahnt. Ob die Abmahnung berechtigt ist darf bezweifelt werden. Im Gegensatz zum Filesharing - wo das Werk auf dem eigenen Computer gespeichert wird und gleichzeitig anderen Nutzern zur Verfügung gestellt wird, geht es beim Streamen nur um das bloße Ansehen eines Films, ähnlich wie bei youtube. Hier wird auf dem Rechner des Zuschauers nichts dauerhaft gespeichert. Ist der Film zu Ende oder wird die Übertragung abgebrochen, wird der Film aus dem flüchtigen Speicher des Rechners (Arbeitsspeicher) gelöscht.

Weil es somit an einer dauerhaften Vervielfältigung fehlt - welche nur dem Urheber vorbehalten ist - gehen große Teile der juristischen Literatur davon aus, dass das alleinige Anschauen solcher Streams keine unerlaubte Werknutzung darstellt und damit nicht gegen das Urheberrecht verstößt. Aber das ist umstritten. Bei weiter Auslegung könnte man auch anders argumentieren und §44a UrhGso auslegen, als ob nur rechtmäßig betrachtetes Material für kurze Momente zwischengespeichert werden darf.

Als weitere Schranke stellt sich hingegen §53 UrhG dar: Was nicht aus offensichtlich rechtswidrigen Quellen kommt, darf für private Zwecke, hier das (bloße) Anschauen, genutzt und sogar gespeichert werden. Die Plattform redtube enthält keineswegs nur Filme bestimmter Ausrichtung, sondern auch Werbefilme und dergleichen, so dass der Nutzer nicht ohne weiteres davon ausgehen muss, dass er sich "offensichtlich rechtswidrig verfügbar gemachtes" Material ansieht.

Diese Fragen allerdings sind rechtlich noch nicht ausgefochten, weshalb wir weiter oben von einem "Versuchsballon" sprachen.

Der solchermaßen abgemahnte Anschlußinhaber ist auch hier gut beraten kühlen Kopf zu bewahren und keine unbedachten Handlungen vorzunehmen.

Neu geschrieben

Hauptnavigation