Keine Zwangsbeteiligung an Kantinenkosten für Arbeitnehmer

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 57/00 vom 11.07.2000

Kein Zwang zur Beteiligung an Kantinenkosten

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte darüber zu entscheiden, ob Arbeitnehmer durch eine Betriebsvereinbarung dazu verpflichtet werden können, Kosten einer Kantinenverpflegung zu tragen, auch wenn sie diese gar nicht in Anspruch nehmen. Die Beklagte ist ein Catering-Unternehmen, das u. a. Fluggesellschaften beliefert. Sie unterhält in ihrem Betrieb in Düsseldorf für die dort tätigen ca. 460 Mitarbeiter eine Kantine, deren Nutzung den Arbeitnehmern in der Vergangenheit frei stand.

Zum 1. Juli 1998 schloß die Beklagte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, nach der jeder Mitarbeiter an der Kantinenverpflegung teilnimmt; Ausnahmen werden nur aus gesundheitlichen oder ethnischen Gründen anerkannt. Der Preis für die Vollverpflegung beträgt 5,80 DM pro Tag. Dieser Betrag ist auch dann zu entrichten, wenn der Arbeitnehmer die Verpflegung nicht in Anspruch nimmt.

Die Beklagte behielt von der Vergütung der Klägerin für die Monate Juli und August 1998 insgesamt 219,00 DM ein, obwohl die Klägerin am Essen nicht teilnahm. Die Klägerin hat Auszahlung des einbehaltenen Betrages begehrt. Sie sieht in der zwangsweisen Beteiligung an den Kosten einen unzulässigen Eingriff in ihre Handlungsfreiheit. Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, die Einbeziehung aller Mitarbeiter liege in deren Interesse. Sie gewähre mehr Planungssicherheit, verbessere dadurch die Qualität der Verpflegung und ermögliche es, die Preise zu senken. Außerdem solle die Nahrungsaufnahme am Arbeitsplatz verhindert werden.Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben.

Die Revision der Beklagten blieb beim Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. In der Verpflichtung der Arbeitnehmer, die Kosten für das Kantinenessen auch dann zu tragen, wenn sie es nicht in Anspruch nehmen, liegt eine unzulässige Lohnverwendungsregelung. Eine derartige Verpflichtung greift in die der Regelungskompetenz der Betriebspartner grundsätzlich entzogene private Lebensgestaltung der Arbeitnehmer ein. Sie führt zu einem unzulässigen, weil unverhältnismäßigen Eingriff in das gem. § 75 Abs. 2 BetrVG von den Betriebspartnern zu schützende und zu fördernde Recht der Arbeitnehmer auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Die von der Beklagten angeführten Gründe können diesen Eingriff nicht rechtfertigen.

BAG, Urteil vom 11. Juli 2000 - 1 AZR 551/99 - Vorinstanz: LAG Düsseldorf, Urteil vom 12. Mai 1999 - 11 (16) Sa 162/99 -

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