Mißbrauchsgebühren für aussichtslose Verfassungsbeschwerden

Dem Mißbrauch des BVerfG als weitere Rechtsmittelinstanz durch Einlegung einer Verfassungsbeschwerde kann, wenn offensichtlich keine nachvollziehbare Grundlage besteht, durch Verhängung von Mißbrauchsgebühren begegnet werden. (Zusammenfassung)

Pressemitteilung des BVerfG Nr. 138/2000 vom 24. Oktober 2000

Verhängung von Missbrauchsgebühren

Die 3. Kammer des Zweiten Senats hat erneut in mehreren Nichtannahmebeschlüssen deutlich gemacht, dass bei Einlegung einer missbräuchlichen Verfassungsbeschwerde (Vb) die Verhängung von Missbrauchsgebühren droht.

1. In zwei der entschiedenen Verfahren hatten die Beschwerdeführer (Bf) sich gegen die Verwerfung ihrer Revisionsanträge in Strafverfahren gewandt. Dies betraf im Verfahren 2 BvR 1419/00 einen Polizeibeamten, der wegen Misshandlung von Gefangenen auf der Polizeiwache in neun Fällen verurteilt worden war. Im Verfahren 2 BvR 1407/00 lag die Verurteilung wegen missbräuchlicher Führung des Doktortitels zugrunde. Beide Bf haben sich trotz anwaltlicher Vertretung in ihren Vb nicht hinreichend mit den Gründen auseinandergesetzt, die zu ihrer Verurteilung bzw. der Verwerfung ihrer Revisionsanträge geführt haben.

Im dritten Fall (2 BvR 1609/00) betraf die Vb die verweigerte Kostenerstattung für ein Privatgutachten. In einem Steuerstrafverfahren hatte der Verteidiger des Bf bei einer Steuerberater-GmbH ein Rechtsgutachten für rund 12.000 DM in Auftrag gegeben. Nach dem das Strafverfahren eingestellt worden war, verweigerten die Gerichte die Auslagenerstattung hinsichtlich dieser Kosten. Nach ihrer Auffassung war deren Erforderlichkeit nicht nachgewiesen, da der Strafverteidiger in einer Rechtsanwalts-GmbH mit mehreren Fachanwälten für Steuerrecht verbunden war und die angesprochenen Fragen mit deren Unterstützung durch Anträge an das Gericht hätte darlegen können. Zudem sei das Steuerstrafverfahren wegen nachgereichter Steuererklärungen des Bf eingestellt worden, nicht aber aufgrund der Ausführungen in dem Privatgutachten. Auch mit dieser Begründung hat sich der Bf in seiner Vb nicht angemessen auseinandergesetzt. Er hat vielmehr lediglich seine Rechtsansichten wiederholt.

2. Die 3. Kammer des Zweiten Senats hat gegenüber sämtlichen Bf Missbrauchsgebühren zwischen 600 und 3.000 DM verhängt und ausgeführt: Ein Missbrauch liegt u.a. dann vor, wenn die Vb offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. In den hier entschiedenen Fällen haben die Bf das BVerfG lediglich als weitere Rechtsmittelinstanz benutzt, ohne sich mit Fragen von verfassungsrechtlicher Relevanz zu befassen. Das BVerfG hat zuvörderst die Aufgabe, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit wichtig sind und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen. Es muss nicht hinnehmen, in der Erfüllung dieser Aufgabe durch substanzlose Vb behindert zu werden. Die 3. Kammer weist darauf hin, dass den Bf ein Rückgriffsanspruch gegen ihre Prozessbevollmächtigten unbenommen bleibt, sofern der Missbrauch auf einer fehlerhaften anwaltlichen Beratung beruhen sollte.

Beschlüsse vom 18. und 26. September 2000 - Az. 2 BvR 1419/00, 1407/00, 1609/00 - Karlsruhe, den 24. Oktober 2000

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