Geringere Ausbildungsvergütung bei spendenfinanzierten Ausbildungsverhältnissen

Zur Schaffung von zusätzlichen Lehrstellen wurde seitens eines Industrieverbandes ein Verein gegründet, der durch die Mitglieder spendenfinanziert ist. Der Auszubildene, der Mitglied einer Gewerkschaft ist, klagte gegen die ihm vom Verein zukommende, geringere Ausbildungsvergütung, die lediglich 72% der sonstigen tariflichen Vergütung beträgt. Dies empfand der Kläger als unzulässig. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass eine geringere Ausbildungsvergütung gerechtfertigt sei, weil der Kläger sonst keinen Ausbildungsplatz erhalten hätte. Ausserdem hätten die 72% noch fühlbar zu seinem Lebensunterhalt beigetragen.

Diese Entscheidung ist zu begrüssen. Wenn auch heute der Lehrling ( früher Lehrknecht) kein Lehrgeld mehr an seinen Meister entrichten muß, ist es doch auch in seinem Interesse, eine Berufsausbildung zu genießen die er sonst nicht bekommen hätte und die es ihm später ermöglicht, einen Beruf auszuüben.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 37/03 des BAG vom 08.05.03
Ausbildungsvergütung in einem spendenfinanzierten Ausbildungsverhältnis

Der Beklagte ist ein auf Initiative des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (VBM) zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze gegründeter gemeinnütziger Verein. Er ist nicht tarifgebunden. Die berufspraktische Ausbildung läßt er in Betrieben seiner Mitglieder durchführen. Diese gehören dem VBM an. Finanziert wird die Ausbildungsvergütung durch Spenden des VBM sowie durch Beiträge der Vereinsmitglieder.

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er schloß mit dem Beklagten einen Berufsausbildungsvertrag im Ausbildungsberuf Industriemechaniker. Die darin vereinbarte Berufsausbildungsvergütung betrug bei Berücksichtigung aller im einschlägigen Tarifvertrag geregelten Leistungen etwa 72 % der tariflichen Vergütung. Dies hielt der Kläger für gesetzeswidrig, da § 10 Abs. 1 BBiG die Zahlung einer angemessenen Ausbildungsvergütung vorschreibe. Die Vorinstanzen haben seine Klage auf Zahlung der Differenz zwischen der erhaltenen und der tariflichen Ausbildungsvergütung abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der Kläger kann eine höhere Ausbildungsvergütung nicht beanspruchen. Die vereinbarte Vergütung war noch angemessen. Sie hat die tarifliche Vergütung zwar um mehr als 20 % unterschritten. Bei spendenfinanzierten Ausbildungsverhältnissen, die zusätzlich geschaffen werden, um ansonsten arbeitslosen Jugendlichen zu einem Ausbildungsplatz zu verhelfen, bestimmt sich die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht allein nach den tariflichen Sätzen. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine Umgehung tariflicher Bindungen ausgeschlossen ist und eine kommerzielle Verwertung der Leistungen des Auszubildenden unterbleibt. Entscheidend ist, daß bei einer im Interesse des Jugendlichen durchgeführten Ausbildung die vereinbarte Vergütung noch fühlbar zu seinen Lebenshaltungskosten beiträgt. Das ist bei einer Vergütung, die 72 % der tariflichen erreicht, noch anzunehmen.

BAG, Urteil vom 8. Mai 2003 - 6 AZR 191/02 -

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