Wirksamkeit von Vollmachten bei Anlagemodellen

Der Kläger hatte sich für das Anlagemodell "Studentenwohnung" entschieden und einen entsprechenden Darlehensvertrag geschlossen. in dem er sich u.a. verpflichtete, sich künftig zur Sicherung des Darlehens der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Die Abwicklung - auch grundbuchrechtlich - übernahm eine Treuhandgesellschaft, die der Kläger bevollmächtigte.

Jetzt betrieb die Darlehensgeberin die Zwangsvollstreckung. Der Kläger wandte ein, dass die Treuhandgesellschaft ihn nicht wirksam bei der Abgabe der Unterwerfungserklärung habe vertreten können. Wegen der Wichtigkeit der Sache hätte das zumindest ein Anwalt oder jemand nach dem Rechtsberatungsgesetz Bevollmächtigter sein sollen.

Dem stimmte der BGH zu. Da sich der Kläger aber bereits im Darlehensvertrag zur Unterwerfung in die Zwangsvollstreckung verpflichtet hatte, erkannte der BGH darauf, dass sich der Kläger nun nicht formal auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen könne, schließlich habe er ja bereits vorher erklärt, sich einer Zwangsvollstreckung unterwerfen zu wollen und müsse daher eigentlich die vollmachtlose Handlung der Treuhänderin im Nachhinein genehmigen.

Der Schuldtitel sei zwar unwirksam, gegen die Vollstreckung könne sich der Kläger aus obigen Gründen( Treu und Glauben) aber nicht wehren.

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Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 121/2003 vom 22.10.03

Bundesgerichtshof zur Frage der Wirksamkeit von Treuhandverträgen und -vollmachten bei Anlagemodellen

Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde. Er erwarb im Rahmen eines Anlagemodells ein Studentenappartement in einer Wohnanlage. Den Kaufpreis finanzierte die Beklagte. Der vom Kläger unterzeichnete Darlehensvertrag enthält die Klausel, daß der Darlehensnehmer das Darlehen durch eine Grundschuld zu besichern und sich der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen hat. Die Bestellung der Grundschuld erfolgte noch durch die Voreigentümerin.

In derselben notariellen Urkunde übernahm der Kläger, vertreten durch die Dr. G. Treuhandgesellschaft mbH, in Höhe des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Mit der Treuhänderin hatte er einen notariellen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, der eine Vollmacht enthielt, ihn bei der Vorbereitung und Durchführung des Erwerbs der Eigentumswohnung und gegebenenfalls auch bei der Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs zu vertreten. Die Vollmacht erstreckte sich auf die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, Rechtshandlungen und Maßnahmen, insbesondere die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen, welche für den Erwerb bzw. die Errichtung des Kaufgegenstandes, dessen Finanzierung und Vermietung erforderlich oder zweckmäßig waren oder der Bevollmächtigten als zweckmäßig erschienen.

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Die Beklagte hat aus der notariellen Urkunde die persönliche Zwangsvollstreckung betrieben. Dagegen hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zum einen Angriffe gegen die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels geführt und zum anderen materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend gemacht hat. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat zur Klagabweisung geführt. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Durch Urteil vom heutigen Tage hat der Bundesgerichtshof die Revision zurückgewiesen. Er ist mit dem Oberlandesgericht davon ausgegangen, daß der Treuhänderin, der die eigenverantwortliche Abwicklung eines Grundstückskaufvertrages oblag, eine rechtliche Betreuung von erheblichem Gewicht übertragen worden ist. Solche geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten darf nach den Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde eine entsprechende Erlaubnis erteilt worden ist. Da die Treuhänderin über diese nicht verfügte, war der Geschäftsbesorgungsvertrag - und mit ihm die ihr erteilte Vollmacht - wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) nichtig. Nur bei Unwirksamkeit auch der Vollmacht kann ein sachgemäßer, dem Ziel des Rechtsberatungsgesetzes entsprechender Schutz des Auftraggebers erreicht werden. Dabei hat der Bundesgerichtshof keinen Unterschied zwischen einer materiellen und einer prozessualen Vollmacht gemacht. Gerade letztere ist mit besonderen Gefahren für den Auftraggeber verbunden, weil sie dem Treuhänder ermöglicht, ihn der Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen zu unterwerfen. Damit wird ein Vollstreckungstitel geschaffen, der in seinen rechtlichen Folgen über eine materiell-rechtliche Haftungsübernahme weit hinausgeht. Da der Kläger das vollmachtlose Handeln seiner Treuhänderin nicht genehmigt hat und bei der Prozeßvollmacht eine Rechtsscheinhaftung des Vollmachtsgebers ausscheidet, ist der Vollstreckungstitel unwirksam.

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Dennoch hat der Bundesgerichtshof es dem Kläger nach dem Grundsatz von Treu und Glauben versagt, sich auf die Unwirksamkeit seiner prozessualen Unterwerfungserklärung zu berufen. Denn er hat sich in dem von ihm selbst abgeschlossenen Darlehensvertrag wirksam verpflichtet, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Er müßte daher die Erklärung der Treuhänderin, der er eine nichtige Vollmacht erteilt hat, genehmigen und ihr damit rückwirkend Wirksamkeit verleihen; aus der bisherigen Nichterfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung darf er keine Vorteile ziehen. Im Ergebnis ist die Beklagte daher berechtigt, die persönliche Zwangsvollstreckung gegen den Kläger zu betreiben. Seinen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch selbst war ebenfalls der Erfolg versagt, weil die Beklagte im konkreten Fall weder Aufklärungspflichten gegenüber dem Kläger verletzt hat, noch für die von diesem behaupteten unrichtigen Angaben des Anlagevermittlers zur Rentabilität des Anlagemodells einstehen muß.

Eine weitere Entscheidung hat der Bundesgerichtshof in dem Verfahren IV ZR 33/03 (LG Halle 9 O 508/01; OLG Naumburg 2 U 42/02) getroffen, das einen ähnlich gelagerten Sachverhalt betrifft.

Urteil vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02

Karlsruhe, den 22. Oktober 2003

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