Buchpreisbindung gilt für alle

Das Land Berlin versuchte, seine Schulbücher möglichst günstig zu beschaffen und versuchte neben den üblichen, mittlerweile auch im Buchpreisbindungsgesetz verankerten Rabatten auch noch einen Barzahlungsrabatt (Skonto) bei Buchhändlern auszuhandeln. Diese wehrten sich mit einer auf Unterlassung gerichteten Klage, weil sie der Ansicht waren, die Buchpreisbindung liesse das Einräumen von Skonto nicht zu. Dem stimmte der BGH zu.

Stellungnahme:
Es stellt sich die Frage, ob der BGH oder die Gesetzesbegründung hier richtig argumentiert hat. Durch die Preisbindung soll ein ruinöser Wettbewerb verhindert werden und somit eine möglichst große Angebotsvielfalt und Verfügbarkeit vor Ort erreicht werden.

Skonti sind vom Gesetzeswortlaut her nicht direkt verboten. Wenn es auch in § 1 des Buchpreisbindungsgesetzes heisst: "Zum Schutze des Kulturgutes Buch..." ( und damit auch der Vertriebswege zur Erreichung einer flächendeckenden Verfügbarkeit) muss zunächst geprüft werden, ob die Gewährung von Skonti die Preisbindung nachhaltig unterläuft. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Buchhandels sind im Verkauf durch die Preisbindung recht ausgeglichen. Was die Kosten des einzelnen Buchändlers betrifft, bleibt jedoch außen vor, dass z.B. Kreditkartenunternehmen regelmäßig einige Prozent des Umsatzes für sich reklamieren, die Kosten für e-cash (Einrichtung, Standleitung zur Kontenüberprüfung) erheblich sein können, und wo das nicht gewünscht wird, das Lastschriftverfahren ( e-cash ohne Pin) mit erheblichen Forderungsausfallrisiken seitens des Buchhandels belastet ist. Dies alles sind Kosten, die unmittelbar mit dem Zahlungsvorgang zusammenhängen und von diesem nicht trennbar sind.

Die Gewährung eines Barzahlungsnachlasses bei Bargeschäften oder zeitnahen Abwicklungen als Alternative zu e-cash usw. schliesst diese Risiken und Kosten aus. Der hierdurch verringerte Umsatz korrespondiert wirtschaftlich mit den Kosten anderer üblicher Zahlungssysteme. Kaum ein Buchhändler kann es sich noch leisten, keine Zahlung per ec-karte (e-cash) anzubieten, Handlungen an Bahnhöfen und Flughäfen müssen zwingend zusätzlich Zahlungsmöglichkeiten per Kreditkarte vorhalten, da sonst ihr Umsatz einbricht. All dies dürfte Kosten verursachen, die im Rahmen der üblichen Skontogewährung ( 1-3%) bleiben. Der fehlende Umsatz verbleibt ja nicht beim Buchhändler, Transaktionskosten werden von Banken und anderen Instituten berechnet.

Daher sollte eine Skontogewährung im Rahmen des Üblichen ( 1-3%) möglich sein.

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Quelle: Pressemitteilung Nr. 77/2003 des Bundesgerichtshofs

Zur Unzulässigkeit, Schulbücher mit einem Barzahlungsrabatt zu liefern

Das beklagte Land Berlin beabsichtigte, im Jahr 1999 die im Rahmen der Lernmittelfreiheit den Schülern zu überlassenden Schulbücher zentral zu beschaffen. Es fragte deswegen bei verschiedenen Buchhandlungen an, welche Nachlässe bei bestimmten Auftragswerten eingeräumt werden könnten, und wies zugleich darauf hin, daß die Beschaffungsstellen des Landes - auch bei dem Erwerb von Schulbüchern - gehalten seien, 2 v.H. Skonto des Rechnungsbetrages bei einem Rechnungsausgleich binnen 14 Tagen abzuziehen. Die Klägerinnen - eine Buchhändlerin und zwei Schulbuchverlage - haben das Vorgehen des Landes Berlin als mit den Regeln der Buchpreisbindung für nicht vereinbar gehalten, weil diese - durch Sammel- bzw. Einzelrevers flächendeckend im deutschen Buchhandel eingeführten - Regeln die Gewährung von Barzahlungsnachlässen verböten. Sie haben von dem beklagten Land Beachtung dieses Verbots verlangt und dieses Ziel in erster Linie auf dem Wege der Unterlassungs-, hilfsweise auf dem der Feststellungsklage verfolgt.

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Das Landgericht hat dem Hauptantrag entsprochen, das Berufungsgericht (Kammergericht in Berlin) hat dagegen lediglich die hilfsweise angetragene Feststellung getroffen und die Revision des beklagten Landes zugelassen. Dieses erstrebt mit dem von ihm eingelegten Rechtsmittel die vollständige Abweisung der Klage. Nach Erlaß des Berufungsurteils ist das in Deutschland seit vielen Jahren bestehende System der auf vertraglicher Grundlage eingeführten Buchpreisbindung durch das am 1. Oktober 2002 in Kraft getretene Buchpreisbindungsgesetz geändert worden. Gestützt auf diese neuen Regeln haben sich die Klägerinnen dem Rechtsmittel des Landes Berlin mit dem Ziel angeschlossen, die Verurteilung des Landes zur Unterlassung zu erreichen.

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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf der Grundlage des neuen Rechtszustandes ausgesprochen, daß der von dem Verleger festgesetzte Endpreis der beim Bücherkauf zu entrichtende Barzahlungspreis ist und daß die Verleger und die Buchhändler gegen die Buchpreisbindung verstoßen, wenn sie davon abweichend einen Barzahlungsrabatt gewähren. Das Land Berlin, das nicht zu den Normadressaten dieses Verbots gehört, kann nach der Entscheidung entsprechend den deliktsrechtlichen Teilnahmeregeln als Störer auf Unterlassung nur dann in Anspruch genommen werden, wenn es einen Buchhändler oder Verleger vorsätzlich zur Einräumung von Preisnachlässen oder Barzahlungsrabatten zu bewegen sucht. Auf der Grundlage des früheren Rechtszustandes hatte das Kammergericht in Berlin im Rahmen der Prüfung, ob das Land durch sein Verhalten die Buchhändler und Verlage vorsätzlich sittenwidrig schädige (§ 826 BGB), angenommen, es habe mit Rücksicht auf Äußerungen u.a. der Landeskartellbehörde Berlin die Einräumung eines Barzahlungsnachlasses nicht schlechthin für unvertretbar halten müssen. Mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderung hat das Kammergericht in dem nach der Zurückverweisung wieder eröffneten Berufungsverfahren diese Frage näher zu prüfen.

Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02

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