Haftung des Internetproviders für fremde Inhalte

Nach der Entscheidung des BGH ist klargestellt, dass ein Internetprovider für die auf seinen Servern liegenden rechtswidrigen Inhalte nicht haftet, wenn er davon keine positive Kenntnis hatte. Der BGH formuliert sogar weiter: Derjenige, der eine Löschung, Sperrung oder Änderung dieser Inhalte verlange, müsse dem Provider die Möglichkeit geben, die Vorhalte zu überprüfen. Hierzu gehört nach Ansicht des BGH eine Darlegung der Vorwürfe sowie die Übermittlung einer präzisen Internetadresse, von der der beanstandete Inhalt abgerufen werden kann.

Stellungnahme:
Diese Entscheidung gilt für § 5 TDG Abs. 2 in der alten, bis 2001 geltenden Fassung.

Haftung des Internetproviders für fremde Inhalte

Dieser lautete sinngemäß: "Für fremde Inhalte die der Diensteanbieter zur Nutzung bereithält, ist er nur dann verantwortlich, wenn er von diesen Inhalten positive Kenntnis hat und es ihm technisch möglich und zumutbar ist, die Nutzung zu verhindern."

Die Haftungsregelung ist nunmehr in § 8 TDG zu finden und lautet:

§ 8 Allgemeine Grundsätze
(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.
(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 9 bis 11 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 9 bis 11 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 85 des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren.

Diese Entscheidung des BGH im Zusammenhang mit der neuen Gesetzeslage gibt einen Fingerzeig für die Zukunft: Provider werden stärker in die Pflicht genommen.

Der Diensteanbieter muss nunmehr nicht mehr "positive" Kenntnis haben (=sicheres Wissen), sondern die Haftung tritt nunmehr nach "allgemeinen Grundsätzen" ein. Das wäre schon bei fahrlässiger Unkenntnis rechtswidriger Inhalte gegeben.

Beispiel: Provider beachtet ein Fax nicht, welches auf rechtswidrige Inhalte hinweist. Welche Voraussetzungen ein solches Schreiben oder Fax erfüllen müßte, hat der BGH schon beantwortet. (siehe oben)

Auf Seiten des Beanstandenden tritt insoweit eine Beweiserleichterung ein, als dass er die "positive" Kenntnis des Providers nicht mehr nachweisen muß. Er muß nurmehr die Umstände darlegen, die für eine Fahrlässigkeit des Providers unter den gegebenen Umständen sprechen.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 109/2003 vom 23.09.03

Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Haftung eines Internetproviders für den Inhalt von ihm zur Verfügung gestellter Internetseiten

Die Beklagte ist ein Internetprovider, der Dritten unter deren Internetdomains den Internetzugang sowie Webspace zur Verfügung stellt. Der Kläger verlangt von ihr immateriellen Schadensersatz, weil auf von ihr zur Verfügung gestellten Internetseiten gegen ihn rassistisch-neonazistische Beschimpfungen in volksverhetzender Art sowie Morddrohungen und Anstiftung zu Straftaten veröffentlicht worden seien. Darauf habe er die Beklagte durch Telefonate, e-mails und Faxnachrichten mehrfach hingewiesen.

Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, daß er die Beklagte von den Inhalten in Kenntnis gesetzt hat. Die Revision des Klägers blieb aus den nachfolgenden Gründen ohne Erfolg.

Eine Haftung des Diensteanbieters ist nach § 823 BGB in Verbindung mit § 5 des für dieses Verfahren geltenden Teledienstgesetzes (TDG) in der Fassung vom 22. Juli 1997 (BGBl. I 1870) für fremde Inhalte nur dann begründet, wenn er diese gekannt hat. Nach der heutigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs muß der Anspruchsteller eine solche Kenntnis des Anbieters darlegen und beweisen. Dies ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen. Hiernach muß grundsätzlich der Anspruchsteller beweisen, daß die Voraussetzungen der Norm vorliegen, auf die er seinen Anspruch stützt. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 5 TDG a.F.. Die dort geforderte Kenntnis des Anspruchstellers ist als eine zusätzliche anspruchsbegründende Voraussetzung für die Haftung der Diensteanbieter anzusehen. Der Gesetzgeber wollte die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter für fremde Inhalte einschränken, weil sie den fremden Inhalt nicht veranlaßt haben und es ihnen angesichts der Vielzahl fremder Inhalte zunehmend unmöglich ist, diese zu kontrollieren.

Demgemäß wurde § 5 TDG a.F. so ausgestaltet, daß die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sein müssen, um eine Haftung des Diensteanbieters nach den allgemeinen Haftungsnormen, hier § 823 BGB, zu begründen. Für den hiernach erforderlichen Beweis einer Information durch den Anspruchsteller dürfte in der Regel der Nachweis ausreichen, daß er den Diensteanbieter auf den beanstandeten Inhalt und die betreffende Internetseite hingewiesen hat. Dabei muß die Internetseite allerdings so präzise bezeichnet sein, daß es dem Anbieter ohne unzumutbaren Aufwand möglich ist, den Inhalt aufzufinden. Den Beweis derartiger Hinweise hat der Kläger im hier zu entscheidenden Fall nicht geführt.

Die Vorschriften des Teledienstgesetzes zur Verantwortlichkeit der Diensteanbieter wurden inzwischen durch Artikel 1 des Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I 3721) neu gefaßt. Die Auslegung der neu gefaßten Vorschriften war nicht Gegenstand dieses Urteils.

Urteil vom 23. September 2003 - VI ZR 335/02

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