Betriebsübergang bei Insourcing

Der Fall tritt momentan häufiger auf: Ehemals outgesourcte betriebliche Felder werden aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen, etwa, weil der eigene Betrieb einen Überhang an Arbeitskräften hat die nicht gekündigt werden können, wieder vom Unternehmen an sich gezogen.

Die Folgen eines Betriebsübergangs ( § 613a BGB) sind weitreichend und nicht immer erwünscht. Arbeitnehmer des übernommenen Betriebs oder Betriebsteils werden automatisch zu Arbeitnehmern des übernehmenden Betriebs. Dieser haftet auch für Verbindlichkeiten des übernommenen Betriebs in den Grenzen des § 613a.

Die die Beteiligten interessierende Frage, wann ein Betriebsübergang vorliegt, kann nur im Einzelfall beantwortet werden. Maßgebend können Faktoren wie z.B. Übernahme der Betriebsorganisation, deren unveränderte Weiterführung und die Übernahme der materiellen wie immateriellen Betriebsmittel sein. Die jeweilige Gewichtung richtet sich dabei nach der Art des Betriebs, ob es zum Beispiel ein Handelsbetrieb oder ein produzierender Betrieb ist. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass je mehr der Übernehmer von der vorhandenen Struktur übernimmt, desto eher ein Betriebsübergang anzunehmen ist.

Im hier entschiedenen Fall hat das Bundesarbeitsgericht einen Betriebsübergang deswegen angenommen, weil der übernehmende Betrieb die tatsächlichen Strukturen und die Geschäftsabläufe im wesentlichen unverändert übernommen hat, wenngleich ohne zunächst die Arbeitnehmer mit zu übernehmen.

Angesichts der Art des Betriebs oder Betriebsteils, nämlich die Verwaltung von Gefahrstoffen in bestimmter Weise für nur einen Kunden, nämlich den übernehmenden Betrieb, kam es auf die Nichtübernahme der immateriellen Mittel (Arbeitnehmer) nicht an.

Dies mag anders zu beurteilen sein, wenn es sich um Geschäftsfelder handelt, die stark vom Know-How und von den Fähigkeiten der Arbeitnehmer abhängen.

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 56/04 vom 22.07.04
Betriebsübergang bei "Insourcing”

Der Betrieb eines Gefahrstofflagers, in dem für ein Automobilunternehmen Waren gelagert, kommissioniert und versandt werden, ist kein betriebsmittelarmer Betrieb, so dass ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen kann. Mietet ein Automobilunternehmen das Lager nebst den darin befindlichen Hochregalen, übernimmt es die bisherigen Standorte der Waren und stellt es - wie zuvor - die angeforderten Waren von Hand zusammen, geht der Betrieb über. Das gilt auch dann, wenn ein anderes Kommissionierungs- und Reservehaltungssystem angewendet wird.

Das beklagte Automobilunternehmen unterhielt bis 1998 selbst ein Gefahrstofflager. Auf Grund einer Ausschreibung erteilte es der AS-GmbH - einem Speditionsunternehmen - den Auftrag, für sie als einziger Kundin einen Lagerbetrieb einzurichten und zu unterhalten. Der Kläger war seit Oktober 1999 bei der AS-GmbH als Kraftfahrer beschäftigt. Er transportierte die Gefahrstoffe vom Lager zum Werk der Beklagten. Nachdem der Vertrag über die Unterhaltung des Gefahrstofflagers beendet worden war, mietete die Beklagte das Lager nebst Hochregalen. Personal übernahm sie nicht.

Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht. Er ist der Auffassung, es liege ein Betriebsübergang von der AS-GmbH auf die Beklagte vor. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Juli 2004 - 8 AZR 350/03 -
Vorinstanz: LAG Hamm, Teilurteil vom 26. Mai 2003 - 16 Sa 1317/02 -
Vgl. auch Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Juli 2004 - 8 AZR 394/03 -

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