Lastschriftwiderruf durch Insolvenzverwalter

Lastschriften werden oft benutzt. Damit sind alle Vorgänge bezeichnet, wo ein Kontoinhaber einen anderen ermächtigt, von seinem Konto einen bestimmten Betrag einzuziehen. Dies kann z.B. durch die ec-Karte geschehen.

Im behandelten Fall hatte der später insolvente Schuldner getankt und mit der Karte gezahlt. Die Einziehung des Betrages hat der Insolvenzverwalter später widerrufen. Dagegen klagte der Tankstellenbesitzer.

In dieser Entscheidung stellt der BGH nochmals klar, dass die Bevollmächtigung zum Einzug von Lastschriften nicht gleichzeitig die Zahlung (= Erfüllung der Zahlungsverpflichtung) an sich darstellt. Diese werde erst dann erfüllt, wenn der Zahlungsschuldner die Lastschrift nicht widerrufe. Bis zum Ablauf der Widerrufsfrist ist der Vertrag somit "schwebend" unwirksam.
Folge: Der Tankstellenbesitzer blieb auf seiner Forderung sitzen.

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Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 129/2004 vom 05.11.04

Bundesgerichtshof zum Widerruf von Kontobelastungen durch den Insolvenzverwalter

Der für das Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem Schadensersatzprozeß eines Gläubigers gegen einen vorläufigen Insolvenzverwalter über die Frage befunden, ob sich dieser ersatzpflichtig macht, wenn er Belastungsbuchungen auf dem Konto des Schuldners nicht zustimmt, die in den letzten sechs Wochen vor dem Insolvenzantrag aufgrund einer von diesem erteilten Einziehungsermächtigung erfolgt sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf die Belastungsbuchung aufgrund einer Einziehungsermächtigung, um rechtlich wirksam zu sein, der Genehmigung des Schuldners. Erst mit der Genehmigung wird die Belastung des Schuldnerkontos wirksam; bis dahin ist sie "schwebend" unwirksam. Der Widerspruch des Schuldners bewirkt, daß die Genehmigung endgültig versagt wird. Ebenfalls entspricht es gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß ein Schuldner, welcher der Belastung seines Girokontos ohne sachlichen Grund widerspricht, die ihm seiner Bank gegenüber zustehende Widerspruchsmöglichkeit zweckfremd ausnutzt und sich gegenüber dem Gläubiger schadensersatzpflichtig macht.

Im vorliegenden Schadensersatzprozeß war zu entscheiden, ob der Insolvenzverwalter weitergehende Rechte zum Widerspruch hat als der Schuldner. Er hatte - noch als vorläufiger Insolvenzverwalter - die Genehmigung für eine Belastungsbuchung versagt, der Kraftstofflieferungen zugrunde lagen. Der Gläubiger hatte die Rechnungsbeträge im Einzugsermächtigungsverfahren abgebucht. Das Landgericht hat die gegen den Insolvenzverwalter persönlich gerichtete Schadensersatzklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Insolvenzverwalter zum Schadensersatz verurteilt. Auf dessen Revision hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.

Die bloße Einlösung der Lastschrift bewirkt noch keine Erfüllung. Der Gläubiger hat nach wie vor nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung seiner Forderung. Dieser Anspruch ist darauf gerichtet, daß der Schuldner die Belastungsbuchung genehmigt. Ebensowenig wie der Gläubiger einer vom Schuldner nicht bezahlten Forderung Ansprüche gegen die Insolvenzmasse hat, weil das Unterbleiben der Zahlung als Vertragsverletzung oder vorsätzliche sittenwidrige Schädigung anzusehen ist, kann er vom Insolvenzverwalter die Genehmigung der Belastungsbuchung mit der Begründung verlangen, das Unterlassen sei rechtsmißbräuchlich.

Da der vorläufige Insolvenzverwalter die künftige Masse zu sichern und zu erhalten hat, kann es nicht seine Sache sein, eine vor dem Eröffnungsantrag unvollständig erfüllte Verbindlichkeit vollständig zu erfüllen oder einer Erfüllungshandlung des Schuldners durch seine Zustimmung Wirksamkeit zu verleihen, falls dies nicht im Interesse aller Gläubiger liegt.

Eine unbillige Benachteiligung der Gläubiger, die sich einer Einziehungsermächtigung bedienen, hat der Bundesgerichtshof darin nicht gesehen. Daß sie in der Stellung eines bloßen Insolvenzschuldners verbleiben und ihre Forderung zur Insolvenztabelle anmelden müssen (im Streitfall also die Kaufpreisforderung für den gelieferten Kraftstoff), hängt mit der Schwäche ihrer Position als Lastschriftgläubiger zusammen. Das wegen seiner Schnelligkeit und Kostenvorteilen stark genutzte Lastschriftverfahren wird schon deshalb nicht übermäßig behindert, weil die Widerspruchsmöglichkeit durch vertragliche Regelungen zeitlich begrenzt werden kann (vgl. § 7 Abs. 3 AGB-Banken und § 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen).

BGH, Urteil vom 4. November 2004 - IX ZR 22/03 -

Karlsruhe, den 5. November 2004

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