Arbeitszeugnis: Zum notwendigen Inhalt

Jeder der ein Zeugnis benötigt, stellt sich die Frage: Ist es gut genug? Entspricht es meinen tatsächlichen Leistungen? Oder hat der Arbeitgeber oder der Vorgesetzte seiner schlechten Tageslaune oder seiner Antipathie Ausdruck verliehen? Die Gerichte gehen davon aus, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf ein wohlwollend objektives Zeugnis seiner Arbeitsleistung hat. Was das im Einzelnen bedeuten kann, hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 12.08.2008 beschrieben.

Es gelten die Grundsätze der Zeugniswahrheit und der Zeugnisklarheit. Das qualifizierte Zeugnis muss wohlwollend formuliert, aber wahr sein. Es muss hinreichend eindeutig Auskunft über Arbeitsleistung und Sozialverhalten des Arbeitnehmers geben. Dabei gestehen die Gerichte zu, dass in verschiedenen Branchen unterschiedliche Gebräuche bestehen können, insbesondere, was den notwendigen Inhalt des Arbeitszeugnisses angeht. So wird der notwendige Inhalt des Zeugnisses eines Redakteurs ein anderer sein als der eines Sachbearbeiters einer Versicherung. Das bedingt sich durch die unterschiedlichen Anforderungen die an den jeweiligen Arbeitsplatz geknüpft werden. Im Lauf der Jahre schälen sich allgemeine Anforderungen an bestimmte Arbeitnehmergruppen heraus und finden ihren Niederschlag im Zeugnis. Ein neuer Zeugnisbrauch ist entstanden.

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Findet die Erfüllung oder Nichterfüllung einer branchenüblichen allgemeinen Anforderung keinen Niederschlag im Zeugnis, kann auch Schweigen beredt sein, nämlich in negativer Weise. Von diesem Umstand ging ein Tagesredakteur einer Zeitung aus, welchem im Zeugnis der Hinweis auf seine Belastbarkeit unter Stress fehlte. Tatsächlich kann ein solch unterlassener Hinweis im hektischen Tagesgeschäft einer Zeitung ein verbotenes Geheimzeichen sein, welches die Beschäftigungsmöglichkeiten des Redakteurs schmälern dürfte. Hierzu nachfolgende Pressemitteilung des BAG:

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Weitere Informationen zum Arbeitszeugnis erhalten Sie auf unseren Seiten im Arbeitsrecht zum Arbeitszeugnis.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 61/08 vom 12.August 2008

Notwendiger Inhalt der Zeugnisse von Tageszeitungsredakteuren
Nach § 109 Abs. 2 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein (Grundsatz der Zeugnisklarheit). Deshalb darf das Zeugnis keine Formulierungen enthalten, die eine andere als die aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer treffen. Weiterhin muss das erteilte Zeugnis Leistung und Sozialverhalten des Arbeitnehmers bei wohlwollender Beurteilung zutreffend wiedergeben (Grundsatz der Zeugniswahrheit). Der weitere notwendige Zeugnisinhalt bestimmt sich nach dem Zeugnisbrauch. Dieser kann nach Branchen und Berufsgruppen unterschiedlich sein. Lässt ein erteiltes Zeugnis hiernach übliche Formulierungen ohne sachliche Rechtfertigung aus, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Ergänzung. Die Auslassung eines bestimmten Inhalts, der von einem einstellenden Arbeitgeber in einem Zeugnis erwartet wird, kann ein unzulässiges Geheimzeichen sein.
Der Kläger war von Februar 1993 bis März 2003 als Redakteur bei der von der Beklagten herausgegebenen Tageszeitung tätig. Mit Datum vom 31. März 2003 erteilte die Beklagte dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis. Der Kläger macht ua. geltend, im erteilten Zeugnis fehle die Hervorhebung seiner Belastbarkeit in Stresssituationen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der Neunte Senat hat das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es wird aufzuklären haben, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, für Tageszeitungsredakteure sei die Hervorhebung dieser Belastbarkeit im Zeugnis üblich. Die Auslassung sei ein Geheimzeichen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. August 2008 - 9 AZR 632/07 -
Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 30. November 2006 - 6 Sa 963/05 -

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