"Kalte Räumung" im gewerblichen Mietrecht durch Versorgungssperre?

Vermieter träumen oft davon, das dauernde und kostspielige Ärgernis eines zahlungsunwilligen Mieters durch Schaffung von Fakten zu beseitigen. Dafür wird des öfteren Wasser und Strom, manchmal die Heizung, abgestellt. Der Bundesgerichtshof hat dieses für bestimmte (wenige) Konstellationen im Gewerberaummietrecht für zulässig erklärt.

In der Entscheidung des 12. Zivilsenats des BGH, Urteil vom 06.05.2009, AZ: XII ZR 137/07, gab der Senat folgende Leitsätze aus:

Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Vermieter gegenüber dem die Mieträume weiter nutzenden Mieter zur Gebrauchsüberlassung und damit auch zur Fortsetzung vertraglich übernommener Versorgungsleistungen (hier: Belieferung mit Heizenergie) grundsätzlich nicht mehr verpflichtet

Auch aus Treu und Glauben folgt eine nachvertragliche Verpflichtung des Vermieters von Gewerberäumen zur Fortsetzung von Versorgungsleistungen jedenfalls dann nicht, wenn der Mieter sich mit Mietzinsen und Nutzungsentschädigung im Zahlungsverzug befindet und dem Vermieter mangels eines Entgelts für seine Leistungen ein stetig wachsender Schaden droht.

Die Einstellung oder Unterbrechung der Versorgung mit Heizenergie durch den Vermieter ist keine Besitzstörung gemäß §§ 858, 862 BGB hinsichtlich der Mieträume.

Urteil des BGH in Sachen XII ZR 137/07

Im konkreten Fall hatte der Mieter unstreitig 8 Monate keine Miete mehr gezahlt und ebenfalls Nebenkostenvorauszahlungen (unberechtigt) zurückbehalten. Der Vermieter hatte seinerseits den Mieter mit Heizenergie beliefert. Nach mehreren Ankündigungen hatte der Vermieter das Mietverhältnis gekündigt und die Versorgungsleistungen wie angekündigt eingestellt. Der BGH stellte nun fest, dass der Vermieter nur in besonderen Umständen, welche sich aus der Eigenart des beendeten Mietverhältnisses ergeben könnten, zur Stellung von Versorgungsleistungen nach Vertragsende verpflichtet sein könne.

Hierzu zählte der BGH etwa einen Wohnraummietvertrag oder eine drohende Gesundheitsgefährdung des Mieters oder ein besonders hoher drohender Schaden des Mieters durch die Versorgungssperre oder die Versorgung während einer Räumfrist, sofern der Mieter seine Nebenkosten zahlt.

Der BGH begründet seine Entscheidung, verkürzt gesagt, damit, dass der Vermieter im Fall der Versorgungssperre regelmäßig keine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht(§§862, 858 BGB) verursache, da der Mieter weiterhin im ungestörten Besitz der Sache bleibe. Die Versorgungssperre beträfe allein den mietvertraglichen Gebrauch, zu deren Gewährung der Vermieter nach Vertragsende nicht mehr ohne weiteres verpflichtet ist. Im Gegenzug muss gesehen werden, dass die Aufrechterhaltung der Versorgungsleistungen dem Vermieter unzumutbar hohe Kosten auferlegen würden. Damit ist ein zwischen Juristen lange bestehender Streit höchstrichterlich beschieden worden.

Fazit: Unter den genannten Umständen dürfen Vermieter also ihre eigenen Versorgungsleistungen einstellen. Aber Vorsicht: Wenn der Mieter einen eigenen Versorgungsvertrag mit einem Energieversorger hat, darf der Vermieter keinesfalls die Versorgungsleitungen kappen oder stillegen um den Mieter aus der Mietsache zu bringen. Dann läge wirklich eine so genannte "kalte Räumung" vor, gegen die der Mieter vorgehen könnte.

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