Wegezeiten im Außendienst

Ein nicht mehr ganz frisches Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus April diesen Jahres beleuchtet einen interessanten Aspekt im Arbeitsrecht: Gewöhnlich geht man davon aus, dass Regelungen zwischen Arbeitnehmervertretungen und Arbeitgebern (Betriebsvereinbarungen) eine Bindungswirkung nach §77 BetrVG entfalten. Das sah das Bundesarbeitsgericht im entschiedenen Fall nicht so.

Ein Arbeitgeber hatte eine Zweigstelle aufgelöst und seine Servicemitarbeiter durch Anbindung an das Datennetz der Firma ins "Home-Office" geschickt. Es wurde eine Gesamtbetriebsvereinbarung geschlossen, wonach diese Mitarbeiter nur dann die Anfahrt zum ersten Kunden und Heimfahrt vom letzten Kunden als Arbeitszeit angerechnet bekämen, wenn der Zeitaufwand über jeweils 30 Minuten gelegen hätte.

Ändert sich der Ausgangspunkt der Reisetätigkeit wegen Schließung der Betriebsstätte des Arbeitgebers, hat das auf die Vergütungspflicht grundsätzlich keinen Einfluss.

BAG, Urteil vom 22.04.2009, AZ: 5 AZR 292/08

Der BGH machte dieser an sich möglichen Betriebsvereinbarung einen Strich durch die Rechnung. Zwar sei der Weg zur Betriebsstätte des Arbeitgebers grundsätzlich nicht als Arbeitszeit zu werten. Allerdings sei der Arbeitnehmer hinsichtlich der Kundenanfahrt an das Direktionsrecht des Arbeitgebers gebunden. Nochmals das BAG:

Die Reisetätigkeit gehöre bei Außendienstmitarbeitern zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten gem. § 611 Abs. 2 BGB. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses sei rein auf Kundenbesuche ausgerichtet, weshalb zwingend die jeweilige Anreise dazugehöre und nicht nur die Fahrten zwischen den einzelnen Kunden.

Darüber hinaus müsse zugunsten des Arbeitnehmers das Günstigkeitsprinzip des §4 Abs. 3 TVG Anwendung finden, wonach die individualvertragliche Regelung des Arbeitsvertrags, welcher eine Vergütung vorsah, Vorrang vor der Betriebsvereinbarung habe.

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