Abmahnungen wegen E-books

Nach Aussage von Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, sollen unberechtigte Nutzer von E-Books demnächst durch Ermahnungen, später durch deren kostenpflichtige Variante, Abmahnungen, von ihrem Tun abgehalten werden.

Wie bei den Filesharing-Abmahnungen ist die Rechtslage ganz ähnlich zu den Musikfilesharern oder beim Filesharing von Filmen. Auch literarische Werke, gedruckt oder nicht, sind nämlich urheberrechtlich geschützt. Die Nutzung dieser Werke kann vom Rechteinhaber bestimmt werden, etwa durch Vergabe von Drucklizenzen oder durch "Leserechten" bei Dateien mit dem Inhalt dieser Werke.

Wir brauchen die entsprechenden Rahmenbedingungen um Geschäftsmodelle entwickeln zu können.

Alexander Skipis

In dem Interview, welches auf dradio.de als mp3-Datei verfügbar ist, äußerte Alexander Skipis lobenswerterweise, dass man es erst einmal mit Aufklärung der Nutzer versuchen wolle. Man sei auch im Gespräch mit Providern und dem BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) um eine freiwillige Vereinbarung über eine Ansprache der Nutzer zu schaffen, später vielleicht eine Inhaltskontrolle, eventuell in Form einer gesetzlichen Verpflichtung zur Kontrolle des Netzverkehrs, um illegale Downloads zu unterbinden.

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Allgemeines

In England steht eine solche Entwicklung bereits unmittelbar bevor: Das Unterhaus hat vor wenigen Tagen die so genannte "digital economy bill" durchgewunken, mit der Provider verpflichtet werden den Netzverkehr auch inhaltlich zu überwachen um illegale Downloads zu unterbinden. Betroffen wären davon auch Betreiber von W-Lan-Hotspots, private W-Lan-Betreiber, letztlich alle, die Zugang zum Internet ermöglichen. In Konsequenz wäre solchen Anbietern oder Downloadern der Zugang zum Internet zu verbieten, ähnlich, wie das bereits in Frankreich der Fall ist.

Falsch liegt der Hauptgeschäftsführer aber mit seiner Meinung:

Im Internet liegen derzeit keine rechtsstaatlichen Verhältnisse vor, weil der Anspruch der Rechteinhaber nicht durchgesetzt werden kann.

Das ist Unsinn. Hier wird wieder die Sau vom "rechtsfreien Raum Internet" durchs Dorf getrieben. Natürlich können auch die Rechteinhaber den illegalen Download von geschützten Werken unterbinden bzw. verfolgen. Die Musikindustrie macht es vor.

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Der Hauptgeschäftsführer bestätigt, dass bereits Unternehmen und einzelne Nutzer verfolgt werden - was also ist mit der Nichtverfolgbarkeit? Das unberechtigte Filesharing von E-books ist bereits jetzt gut verfolgbar.

Letztlich zeigt sich auch in diesem Interview, dass mit Lobbyarbeit und viel Lamentieren versucht werden soll, die eigenen Interessen zu befördern. Man sucht nur nach einem möglichst bequemen Weg, Geld in die eigene Kasse zu spülen.

Contra E-Book

Dabei ist noch unklar, ob sich E-Books überhaupt durchsetzen. Es gibt noch keinen einheitlichen Dateistandard, der von allen E-Book-readern (Lesegeräten) genutzt wird. Fast jeder Anbieter hat ein eigenständiges Dateiformat für sein Lesegerät.

Dieses Lesegerät muss auch noch teuer für mehrere hundert Euro gekauft werden. Die Bücher kosten kaum weniger als in gedruckter Form, so dass erst mehrere hundert E-books gekauft werden müssen, bis sich die Anschaffung des Lesegeräts amortisiert. Bei einer Beispielsrechnung von ca. Eur 250,00 für das Lesegerät und 12,00 Euro für das jeweilige Buch (anstelle 14,00 Euro) müßte der Nutzer 1.750 Euro (Lesegerät und 125 Bücher) investieren um mit dem Leser gedruckter Bücher gleichzuziehen.

Wer ein moderneres Lesegerät haben will muß eines vom gleichen Hersteller kaufen und hoffen, dass es die älteren Dateiformate, die man bereits besitzt, auch lesen kann. Sonst muß man auch die Dateien wieder neu kaufen.

Oft ist der Gebrauch der heruntergeladenen Datei aus technischen Gründen (Dateiformat) oder aus rechtlichen Gründen (Nutzungsberechtigung) an das jeweilige Lesegerät und bzw. oder an eine bestimmte Anzahl speichernder Computer gebunden, ähnlich wie es Apples iTunes-Store bei Musikstücken macht. Man kann E-Books derzeit nicht verleihen, jedenfalls nicht ohne Lesegerät, darf sie nicht weiterverkaufen (strittig), kann sie nicht als Stütze verwenden, Notizen am Rand machen (nicht bei allen Lesegeräten) und wenn das Lesegerät herunterfällt, sind im Extremfall auch die E-Books weg. Punkt.

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Es gibt zur Zeit kaum einen Anbieter, der noch nach einiger Zeit einen erneuten Download bereits erworbener Buchdateien zuläßt. Was ist, wenn der Anbieter vom Markt verschwindet? Die Lesegeräte veralten zudem schneller als Bücher vergilben. Viel schneller. Computer, deren Festplatte ausfällt, erleichtern einem das Leben auch nicht gerade.

Eine der Äußerungen von Herrn Skipis, man erhoffe sich durch das E-Book die Erschließung neuer Bevölkerungsschichten, mag nicht so recht überzeugen. Wer vorher nicht gelesen hat, wird nicht erst hunderte von Euro investieren um festzustellen, ob einem das Buch, welches gedruckt im Laden ohne irgendeine Vorleistung fast das gleiche kostet, gefällt - oder das Lesen überhaupt.

Warum also ein schlechteres Produkt für einen teureren Preis erwerben?

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Pro E-book

Immerhin könnte man hunderte oder tausende Bücher mit in den Urlaub nehmen, als Datei selbstverständlich, gespeichert auf dem Lesegerät. Achja, das Ladegerät nicht vergessen. Aber wer liest schon hunderte oder tausende Bücher im Urlaub oder wühlt sich in eklektizistischer Manier durch seine "Dateien-"sammlung?

Dennoch, wer tausend Bücher als Datei kauft, spart als Umweltfreund eine halbe Tonne Papier oder mehr ein. Die Gegenrechnung, was in einer Umweltrechnung an Herstellungsaufwand für das Lesegerät und an Betriebskosten entstanden ist bzw. entsteht, wäre interessant - bei tausend Büchern. Die Mehrheit der Menschheit beschränkt sich auf unter hundert Bücher im Leben.

Das E-Book bietet die Chance als multimediales Medium. Bewegte Bilder, Tonkommentare und so weiter, können das Leseerlebnis ergänzen oder bereichern. Aber nur vielleicht. Wer nur schnöde Text bietet, wie derzeit üblich, bietet keinen Mehrwert.

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Vielleicht ergibt sich mit Apples "ipad" und vergleichbaren kommenden Produkten eine neue Möglichkeit, E-Book-Formate populär zu machen. Diese kleinen Computer eignen sich ideal als Ersatz für bisherige Lesegeräte und hätten auch noch einen Mehrwert über das reine Lesegerät hinaus.

Das wird aber erst die Zukunft zeigen.

Fazit

Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Jeder verspricht sich davon neue Umsätze oder rechnet angebliche Verluste hoch (Musikindustrie) mit der Milchmädchenrechnung, dass ein neues Medium zusätzlichen Umsatz neben dem bisherigen Umsatz generiert. Zur Sicherung dieser erhofften Umsätze soll der Gesetzgeber beitragen, unter Beschneidung der Rechte des Bürgers(Netzüberwachung), um Rechtsverletzungen von vorneherein zu unterbinden. Aber gerade die dazu notwendige Vorratsdatenspeicherung wurde vom Bundesverfassungsgericht untersagt. Das E-Book ist noch lange nicht so benutzerfreundlich, dass es das klassische Buch ersetzen wird. Es ist nach wie vor ein typisches "early adopter-" Medium für Technikinteressierte mit einer Reihe von Mängeln.

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