Erschöpfung im Urheberrecht

Der Erschöpfungsgrundsatz ist im gewerblichen Rechtsschutz eine allgemeine Rechtsregel, die in §17 Abs. 2 UrhG für das Urheberrecht Ausdruck gefunden hat. Der Erschöpfungsgrundsatz soll die Verkehrsfähigkeit von Waren sicherstellen.

Allgemeines, Stückvertrieb

Die urheberrechtliche Erschöpfung betrifft die weitere Verbreitung von Werkstücken nach erstmaligem In-Verkehr-Bringen. Damit ist folgendes gemeint: Sind mit Zustimmung des Urhebers Werke oder deren Vervielfältigungsstücke in den Verkehr gebracht worden, kann der Urheber hinterher nicht mehr bestimmen, welchen weiteren Weg die Werke nehmen. Der rechtmäßige Erwerber kann dann ohne Zustimmung des Urhebers entscheiden, ob und wem er das Werk weiterverkauft oder verschenkt. Die Erschöpfung des Rechts des Urhebers erstreckt sich auf das konkrete Werkstück oder seine Vervielfältigungsstücke.

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Beispielhaft wurde dies für den Schallplattenimport (BGHZ 80, 101, 103 ff, Schallplattenimport I) aufgezeigt:

Der genehmigte Vertrieb von Schallplatten in einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder eines solchen aus dem EWR, wie z.B. Liechtenstein, Norwegen, Island, führt dazu, dass dort erworbene Vervielfältigungsstücke auch nach Deutschland importiert werden dürfen. Ein Import aus Drittstaaten hingegen läßt das urheberrechtliche Verbreitungsrecht grundsätzlich unberührt.

Die wirtschaftliche Bedeutung ist offensichtlich, vor allem, wenn es eine Preisdifferenz für die in Verkehr gebrachten Stücke zwischen den verschiedenen Ländern des gleichen Wirtschaftsraums gibt.

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Verbreitung bedeutet allerdings nicht Vermietung: Der Urheber muss seine Zustimmung für eine Vermietung seiner Werke oder deren Vervielfältigungsstücke erteilen, sonst ist die Vermietung unzulässig.

Softwaredownloads, unkörperliche Verbreitung

Obwohl § 17 UrhG nur auf die körperliche Verbreitung von Werkstücken direkt Anwendung zu finden scheint, ist es denkbar, die unkörperliche Verbreitung zum Beispiel beim elektronischen Versenden von Software, ebenfalls nach den Regeln des § 17 UrhG zu behandeln. Hinsichtlich des In-Verkehr-Bringens von Werkstücken (Dateikopien) könnte dann Erschöpfung eintreten, hinsichtlich lediglich öffentlicher Zugänglichmachung, § 19a UrhG, zum Beispiel auf einem Webserver, nicht.

Die ältere Rechtsprechung, z. B. OLG Hamburg, hat diese Auffassung Ende Februar 2007 wohl im Ergebnis vertreten, siehe unsere News zu Software - Volumenlizenzen.

Das OLG München sieht das anders (OLG München, Urt. v. 3.8.2006 – 6 U 1818/06), ebenso alle neueren Entscheidungen, zuletzt LG Berlin, Erschöpfung des Urheberrechts bei Softwaredownloads, Urteil vom 14.07.2009, AZ: 6 O 67/08 (mit weiteren Nachweisen). Hierzu urteilte es:

Durch den Download der Musikdatei und die Festlegung auf einem Datenträger ist keine Erschöpfung des Verbreitungsrechts i. S. d.; § 17 Abs. 2 UrhG eingetreten. Denn die Beklagte hat kein Werkstück verbreitet, sondern nur eine unkörperliche Datei öffentlich zugänglich gemacht. Das Verbreitungsrecht kann sich jedoch nur an Werkstücken erschöpfen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. Mai 2009, 11 W 15/09). Das erst von dem Kunden hergestellte Werkstück ist nicht von der Beklagten im Wege der Veräußerung in den Verkehr gebracht worden. Eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts scheidet mithin aus. Es kommt auch keine analoge Anwendung des Erschöpfungsrechts in Betracht. Denn sowohl das deutsche Urheberrecht als auch die Richtlinie 2001/29/EG beziehen sich ausdrücklich auf in einem Gegenstand verkörperte Werke (OLG München, MMR 2006, 748). Dementsprechend stellt der Erwägungsgrund 29 der RL 2001/29/EG ausdrücklich klar, dass sich die Frage der Erschöpfung nicht bei Online-Diensten stellt und dies auch für materielle Vervielfältigungsstücke eines Werkes gelte, die durch den Nutzer eines solchen Dienstes mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt worden sind. Dies betrifft genau den vorliegenden Fall. Es fehlt daher an einer Regelungslücke, die Voraussetzung einer analogen Anwendung wäre.

LG Berlin, Urteil vom 14.07.2009, AZ: 6 O 67/08
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Fazit

Damit ist klar: Wer Musik oder Software, also urheberrechtlich geschützte Werke nur herunterlädt, hat derzeit im Zweifel Nachteile dem gegenüber, der sie im Laden auf Datenträger kauft. Sein Weiterverbreitungsrecht wird im Fall des unkörperlichen Erwerbs gar nicht erst entstehen, weil ja keine körperliche Werkkopie in den Verkehr gebracht wurde.

Damit ist ein Weiterverkauf von Software- oder Musikdownloads typischerweise ausgeschlossen, anders als bei einem rechtmäßig (in der Europäischen Union) erworbenem Datenträger oder sonstigen Werk- oder Werkvervielfältigungsstück.

§17 Abs. 2 UrhG ist direkt nur auf körperliche Vervielfältigunsstücke, also, Sachen, die man vereinfacht gesagt, in die Hand nehmen kann, anwendbar.

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