Unterhalt durch den Mann trotz bestimmungswidriger Befruchtung

Ex- Mann muß seiner ehemaligen Ehefrau Unterhalt für Kindesbetreuung zahlen, obwohl er mit weiteren Befruchtungsversuchen seiner damaligen Ehefrau nicht mehr einverstanden war, nachdem er seine neue Ehefrau kennengelernt hatte.

Kommentar: Die Ansicht des BGH ist gut vertretbar, die Ehefrau kann sich auf ihren gesetzlichen Unterhaltsanspruch berufen. Der BGH sieht die Problematik, dass die Ehefrau trotz des bekannten entgegenstehenden Willens des Ehemanns eine Befruchtung durchführen lässt, mit weit reichenden, unterhaltsrechtlichen Folgen für den damaligen Noch-Ehemann. Der BGH stellt aber auch klar, dass das Verhalten der Ehefrau aus dieser unterhaltsrechtlichen Sicht nicht vorwerfbar war. Er deutet zudem an, dass auch der Ehemann die Möglichkeit hatte, weitere Befruchtungen zu verhindern:

Die eingefrorenen Samenzellen sind grundsätzlich Eigentum des Mannes. Der Ehemann hätte die Samenzellen von der Klinik zurückfordern können bzw. eine weitere Verwendung untersagen können. Die Frage, ob die Ehefrau hier ein Mitspracherecht hat, ist zu verneinen. Dem Ehegatten, der keine (weitere) Elternschaft wünscht, bleibt es ja auch ansonsten unbenommen zu jedem Zeitpunkt Maßnahmen zu treffen die eine ungewollte Schwangerschaft verhindern, bis hin zur Verweigerung des ehelichen Vollzugs. Der vorliegende Fall unterscheidet sich darin grundsätzlich nicht. Auch der BGH sagt in seiner Entscheidung nichts anderes, indem er den Kindeswunsch als höchstpersönliche jederzeit freie Entscheidung definiert.

Letztlich muß der Ehemann, der die rechtzeitige Vernichtung seiner Samenzellen versäumt hat, die Folgen seiner Nachlässigkeit tragen.

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Quelle: BGH Pressemitteilung Nr. 14/2001

Kein Unterhaltsausschluß für die Ehefrau bei Vornahme einer homologen künstlichen Befruchtung gegen den Willen des Ehemannes

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über den Unterhaltsanspruch einer Ehefrau zu entscheiden, die im Wege der künstlichen Befruchtung von ihrem Ehemann ein Kind bekommen hat und wegen dessen Betreuung an einer eigenen Erwerbstätigkeit gehindert ist.

Die Parteien, die auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen konnten, hatten sich zu einer sogenannten homologen In-vitro-Fertilisation entschlossen, bei der Eizellen der Frau extrakorporal mit dem Sperma des Ehemannes befruchtet und später in die Gebärmutter der Frau implantiert werden sollten. Nachdem bereits drei Implantationen ergebnislos verlaufen waren, entschloß sich die Ehefrau zu einem erneuten Implantationsversuch, der diesmal erfolgreich war und zur Geburt eines Kindes führte.

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Der Ehemann, der zuvor eine andere Frau, seine jetzige Ehefrau, kennengelernt hatte, hatte ihr allerdings zu verstehen gegeben, daß er mit weiteren Implantationsversuchen nicht mehr einverstanden sei. Kurz darauf trennten sich die Parteien. Die Ehe wurde auf Antrag der Ehefrau geschieden, die ihren bisherigen Beruf aufgab und sich der Betreuung des Kindes widmet. Das Amtsgericht hat ihren Unterhaltsanspruch aus Billigkeitsgründen der Höhe nach beschränkt, weil sie ihre Unterhaltsbedürftigkeit durch die vom Ehemann nicht mehr gewünschte künstliche Empfängnis mutwillig herbeigeführt und sich damit über seine Interessen hinweggesetzt habe.

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Das Oberlandesgericht hat ihr demgegenüber den vollen Unterhalt zuerkannt und ausgeführt, ihr könne kein Vorwurf gemacht werden, daß sie an der ursprünglich gemeinsamen Familienplanung festgehalten habe, weil der Ehemann, der sich unter Verstoß gegen seine eheliche Treuepflicht einer anderen Frau zugewandt habe, einseitig von dieser Planung abgerückt sei.Der XII. Zivilsenat hat das Urteil des Oberlandesgerichts zwar im Ergebnis bestätigt, ist seiner Argumentation jedoch nicht in allen Punkten gefolgt.

Vielmehr hat er hervorgehoben, daß nach heutigem Eheverständnis die Ehegatten in freier gemeinsamer Verantwortung entscheiden, ob, zu welchem Zeitpunkt und gegebenenfalls auf welche Weise sie Nachkommen zeugen wollen. Ein solcher Konsens ist jedoch nicht bindend. Da der Entschluß, zur Entstehung eines neuen Lebens beizutragen, für jedes Individuum eine höchstpersönliche Angelegenheit ist, würde eine solche Bindungswirkung die grundrechtlich geschützte personale Würde und das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen verletzen, zu denen es auch gehört, sich jederzeit erneut und frei für oder gegen ein Kind zu entscheiden. Auf welchen Gründen dieser Entschluß beruht, ist einer Beurteilung durch die Rechtsordnung entzogen, so daß die Treuepflichtverletzung des Ehemannes in diesem Zusammenhang unbeachtlich ist.

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Dennoch liegen die Voraussetzungen für eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 BGB nicht vor, da die Ehefrau ihre durch das Kind bedingte Bedürftigkeit weder mutwillig herbeigeführt noch sich mutwillig über wesentliche Vermögensinteressen des Ehemannes hinweggesetzt hat. Mutwillig in diesem Sinne handelt nämlich nur, wer seine Arbeitskraft oder sein Vermögen, mit denen er seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte, leichtfertig, das heißt auf sinnlose Art, aufs Spiel setzt und sich in Verantwortungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen den Unterhaltspflichtigen über die erkannten möglichen nachteiligen Folgen für seine Bedürftigkeit hinwegsetzt. Die Verwirklichung des Kinderwunsches ist mit derartigen Verhaltensweisen aber nicht vergleichbar und erfüllt die Voraussetzungen einer mutwilligen Herbeiführung der Bedürftigkeit nicht.

BGH, Urteil vom 21. Februar 2001 - XII ZR 34/99 - Karlsruhe, den 22. Februar 2001

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