Zugang einer Kündigung - was das Bundesarbeitsgericht dazu meint

Immer wieder stellt sich Frage, wann eine arbeitsrechtliche Kündigung als zugegangen zu betrachten ist. Gerade wenn es zeitlich eng wird, werden beide Parteien recht phantasievoll um entweder den Zugang der Kündigung zu verhindern oder zu gewährleisten. So auch hier.

Es ist offensichtlich, dass hinsichtlich bestehender Kündigungsfristen ein Tag hin oder her einen ganzen Monatslohn sichern bzw. vermeiden hilft.

Ehemann der Beschäftigten ist Empfangsbote

Es ging um einen Fall, bei der es zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten am 31. Januar eines Jahres zu einem Streit kam, worauf die Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verließ. Der Arbeitgeber stellte sofort eine Kündigung aus und ließ diese noch am Nachmittag dem Ehemann der Beschäftigten an dessen Arbeitsplatz bringen.

Dieses Verhalten gründet sich auf die Rechtsprechung aller Zivilgerichte, wonach einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen - eine Kündigung ist genau das - zugehen müssen. Dieser Zugang muss vom Erklärenden, hier der Arbeitgeber, nachgewiesen werden. Die Rechtsprechung formuliert in aller Regel wie folgt:

Die Kündigung ist erst dann zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann.

Als "Machtbereich" des Empfängers werden in aller Regel z.B. der Briefkasten und Familienangehörige betrachtet. Problematisch ist es aber, wenn der Familienangehörige das Schreiben nicht zuhause entgegennimmt, sondern an seinem Arbeitsplatz. Das Bundesarbeitsgericht sah das in seinem Urteil vom 9. Juni 2011, 6 AZR 687/09 aber nicht so:

Entscheidend ist, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar 2008 zu rechnen war.

Der Zugang der Kündigung wurde also wirksam noch am 31. Januar sichergestellt, nämlich durch Übergabe an den Ehemann.

Warum nimmt der Arbeitgeber aber solche Umstände in Kauf? Hier tritt das "Briefkastenproblem" bzw. "Postzustellungsproblem" auf: Je nach Zustellbezirk und gewöhnlicher Zustellzeit kann es nämlich sein, dass der Empfänger einer solchen Kündigung nicht mehr mit dem Zugang von Post an diesem Tag rechnet, vor allem nicht mehr am (späten) Nachmittag.

Unter "gewöhnlichen" Umständen also mußte die Gekündigte nicht mit dem Zugang der Kündigung am gleichen Tag rechnen.

Um das zu vermeiden, verfiel der trickreiche Arbeitgeber auf den Ehemann, der als sein Empfangsbote handeln sollte. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Vorgehensweise als zulässig betrachtet.

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