Mangel der Mietsache und Mietminderung

Ein Mangel der Mietsache liegt dann vor, wenn die Mietsache mit einem Fehler behaftet ist, die ihre Tauglichkeit zur vertragsgemäßen Nutzung mindert oder aufhebt, § 536 BGB. Eine nur geringfügige Minderung der Tauglichkeit stellt keinen Mangel dar. Ein Mangel kann weiter dann bestehen, wenn der Mietsache eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder diese später wegfällt, §536 II BGB.

Für die Feststellung, ob ein Mangel vorliegt oder nicht, kommt es zunächst darauf an, was Mieter und Vermieter bei Mietvertragsabschluss als vertragsgemäß angesehen haben. Dies beeinflusst spätere Mängelansprüche. Ein Mangel ist somit nicht nur objektiv, ( etwas nicht in Ordnung?) sondern auch nach den Parteien zu beurteilen (damit kann ich leben).

So kann sogar der an üblichen Maßstäben gemessene mangelhafte Zustand einer Wohnung als vertragsgemäß vereinbart werden, (BGH in NJW-RR 1993, S. 522, siehe hierzu auch § 536 b BGB, sofern der Mindeststandard, etwa bei der elektrischen Ausstattung, nicht unterschritten wird. In diesem Fall müßte der Mietvertrag ausdrücklich ein bestimmtes Ausstattungsmerkmal, z. B. nur eine Steckdose für die ganze Wohnung, als vertragsgemäße Beschaffenheit vermerken.

Wird aber in der Folge die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung trotz oder aufgrund des schon bekannten Mangels noch weiter gemindert, liegt ein Mangel im Sinne des § 536 BGB vor.

Im Regelfall wird zwischen Mieter und Vermieter aber nichts besonderes vereinbart. Ob ein Mangel vorliegt oder nicht, bemisst sich dann ersatzweise daran, ob die gemietete Sache zum gewöhnlichen Gebrauch tauglich ist.

Der Mangel muss nicht in der Wohnung selbst liegen oder vom Vermieter verantwortet sein: Auch der dauernde Lärm einer Baustelle beim Nachbarn kann die Tauglichkeit der Wohnung mindern, soweit der Lärm noch störend in der Wohnung wahrnehmbar ist.

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Einzelfälle
Ein Mangel wurde, vorausgesetzt es liegen keine besonderen Vereinbarungen vor, anerkannt bei:

Diese Liste ist nicht abschließend.

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Ein Mangel stellt mittlerweile auch eine zu kleine Wohnfläche dar, jedenfalls dann, wenn sie um mindestens 10% geringer ist als die im Vertrag angegebene, vergleiche die Entscheidung des LG Münster. und des BGH aus dem Jahr 2004.
Der Bundesgerichtshof räumt in einer Entscheidung aus April 2009 auch das Recht zur fristlosen Kündigung ein, wenn ein Fall der Nichtgewährung des Gebrauchs vorliegt. Im entschiedenen Fall zur Kündigung aufgrund zu kleiner Wohnfläche ging es allerdings um eine erhebliche Abweichung von über 22 Prozent. Dennoch zeigen die Erwägungen des BGH, dass auch eine geringere, über 10-prozentige Abweichung unter Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.

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Mangelbehebung

Grundsätzlich hat der Vermieter einen vom Mieter angezeigten Mangel unverzüglich zu beseitigen, wenn er denn auf die Behebung des Mangels irgendwie bestimmend Einfluss nehmen kann. Bei Störungen, die von Nachbarn ausgehen, wird das regelmäßig nicht möglich sein.

Der Vermieter muß den Mangel auch dann beheben, wenn der Mieter den Mangel mitverschuldet hat. Hier kann der Mieter nur zur anteiligen Kostenübernahme verpflichtet werden. Anders ist es, wenn der Mieter den Mangel der Mietsache herbeigeführt oder zu vertreten hat (Schäden durch Gäste des Mieters usw.). Dann muß der Mieter den Mangel beseitigen.

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Mängelausschluß durch AGB?

Formularklauseln in Mietverträgen mit dem Inhalt "Der Mieter erkennt den einwandfreien Zustand der Mietsache an..." sind unzulässig, da sie gegen §307 BGB verstoßen. Formularvertraglich kann der Mieter "etwaige" Mängel an der Mietsache nicht anerkennen, hierfür bedarf es einer individuellen Erklärung - die aber auch stillschweigend bei Vertragsschluß erfolgen kann, insbesondere wenn der Mieter durch Besichtigung der Wohnung Kenntnis vom einen oder anderen Mangel erhalten hat.

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Rechte des Mieters nach Mängelanzeige

Der Mieter kann vom Vermieter grundsätzlich die Behebung des Mietmangels verlangen, § 536 BGB, ausgenommen, der Mieter hat den Mangel selbst verschuldet. ( s. o. Mangelbehebung)

Wenn der Mieter für den Mangel nicht (alleine) verantwortlich ist, kann er gegen den Vermieter, wenn dieser den Mangel nicht beheben will oder kann, entweder auf Mangelbehebung klagen, die Miete nach § 536 BGB mindern oder einen Teil der Miete vorläufig einbehalten. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter auf den angezeigten Mangel keinen Einfluss nehmen kann. (Beispiel: Ständige Ruhestörung durch die Nachbarn)

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Minderung der Miete

Die Erfahrung zeigt, dass viele Mieter die Mietminderungsmöglichkeiten weit überschätzen und für vergleichsweise geringe Mängel z.B. 30-50% der Miete oder mehr abziehen. Dies führt regelmäßig zum teuren Streit mit dem Vermieter, der bei sachkundiger Auskunft hätte vermieden werden können.

Zur Berechnung der Mietminderung ist auf den Zeitraum abzustellen, in der die objektive Gebrauchstauglichkeit der Mietsache gemindert ist. Beispiel: Modernisierungsarbeiten für 15 Tage, Mietminderungsquote wäre z.B. 20% im Monat, da hier die Beeinträchtigung des Mietgebrauchs nur einen halben Monat dauerte, ist nur eine 10-%ige Minderung ist anzusetzen.

Gemindert wird um den Betrag, um den die Mietsache bei objektiver Betrachtung im Gebrauchswert gemindert ist. Auf die Sichtweise des einzelnen Mieters kommt es also nicht an. Andererseits kommt es auch nicht darauf an, ob der Mieter die Mietsache auch so nutzt, wie vertraglich vereinbart. Wer z.B. während Bauarbeiten im Urlaub ist und subjektiv von den Belästigungen nicht betroffen ist, kann trotzdem die Miete mindern.

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Die Mietminderung erfolgt dabei stets in Abhängigkeit vom gezahlten Mietzins, der relativ zu mindern ist. Anzusetzen ist die Bruttomiete, also inkl. Nebenkosten, gleichgültig, ob eine Nebenkostenpauschale oder Vorauszahlung vereinbart ist, vergleiche BGH, Urteil vom 06.04. 2005 Az.: XII ZR 225/03.Milchmädchenrechnungen wie: "Für einen tropfenden Wasserhahn sind 100,- Eur Abzug im Monat gerechtfertigt" verbieten sich daher.

Beispiel: Bei einer Wohnung, für die Eur 700,- zu zahlen ist, führt ein Mangel, der zu einer 10%-igen Minderung berechtigt, zu einer Minderung von 70,- Eur im Monat. Bei einer Wohnung, die Eur 1.000,- im Monat kostet, führt der gleiche Mangel zu einer Minderung in Höhe von 100,- Eur im Monat.

Damit ist dem Vermieter jedoch der Einwand verwehrt, die Wohnung könne eigentlich teurer vermietet werden und der Mangel führe daher nicht zu einer Minderung.

Die Höhe der Minderung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Insofern können Mietmängel- und Minderungslisten, wie sie zu kaufen sind oder gelegentlich in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt werden nur einen ungefähren Anhaltspunkt geben, wo der Mangel von dem man selbst betroffen ist, einzuordnen ist. Rechtssicherheit wird man dadurch nur im Ausnahmefall erlangen können. Hat der Mieter den Mangel mitverschuldet, wird eine Minderung entsprechend geringer ausfallen oder gar nicht angesetzt werden können.

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Dies vorausgeschickt, werden nachfolgend dennoch einige prozentuale Quoten genannt, da sich dieses System eingebürgert hat.

Minderungsbeispiele:

5-10% Minderung

20 bis 50% Minderung

60 bis 80% Minderung

100% Minderung

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Einbehalt des Mietzinses / Leistungsverweigerungsrecht

Bis zur Mangelbeseitigung kann der Mieter über die Minderung hinaus oder statt dessen auch die Zahlung des Mietzinses verweigern, § 320 BGB, um seinen Mängelbeseitigungsanspruch durchzusetzen.

Voraussetzung ist, daß dem Vermieter der Mangel angezeigt wurde. Verzug des Vermieters ist nicht erforderlich. Hierin ist allerdings keine 100%-ige Minderung des Mietzinses zu sehen. Die Verweigerung ist nur ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich des Mietzinses, bis der Mangel beseitigt ist. Danach muß der zurückbehaltene Mietzins dem Vermieter bezahlt werden.

Gelegentlich wird das Leistungsverweigerungsrecht der Höhe nach auf das 3-5-fache der geschätzten Kosten der Mängelbeseitigung begrenzt, LG Bonn WuM 1991, S. 262. und andere.

Das Einbehalten oder Zurückbehalten des Mietzinses kann allerdings dann ausgeschlossen sein, wenn der Mieter schon längere Zeit mit dem Mangel lebte, ohne ihn anzuzeigen, (Anzeigepflicht des Mieters) weil dadurch zum Ausdruck kommt, daß dem Mieter an einer Beseitigung des Mangels nicht wirklich gelegen ist.

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Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder Verzug, § 536a BGB

Bestand der Mangel bereits bei Vertragsabschluß oder ist der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels säumig, kann der Mieter vom Vermieter alle Schäden ersetzt verlangen, die ihm dadurch entstanden sind, daß ein Mangel der Wohnung vorlag oder immer noch vorliegt, § 536a BGB.

Von den Ersatzansprüchen umfasst werden Schäden an den Sachen des Mieters, Ersatz von Heilungskosten für Körper- oder Gesundheitsschäden, entstandene Mehrkosten für auswärtige Lagerung von Sachen des Mieters und so weiter.

Auch Sachverständigenkosten zur Mängelfeststellung können darunter fallen. Hierbei ist zu beachten, daß ein Grund zur Beauftragung des Sachverständigen gegeben sein mußte, also meist die Weigerung des Vermieters, den Mangel zu beheben und ein Mangel tatsächlich festgestellt wurde. Das Kostenrisiko trägt also zum Teil der Mieter.

Ist der Mangel später eingetreten, haftet der Vermieter dem Mieter für den entstandenen Schaden dann, wenn der Vermieter den Mangel zu vertreten hat, was bei nachlässiger Beaufsichtigung der Mietsache oder durch von beauftragten Personen bei Arbeiten verursachten Mängeln (undichte Leitungen, kaputte Fenster etc.) regelmäßig der Fall ist, § 536a BGB. Unter Umständen kann dem Mieter ein Mitverschulden angerechnet werden, insbesondere dann, wenn dieser die Mängelanzeige nicht oder nicht rechtzeitig erbrachte.

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Selbstbeseitigungsrecht des Mieters und Aufwendungsersatz

Im Falle des anfänglichen Mangels kann der Mieter den Mangel selbständig beheben und vom Vermieter Aufwendungsersatz verlangen. Entsteht der Mangel erst später, gilt folgendes:

Kommt der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug, kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen und den Ersatz seiner dafür getätigten Aufwendungen verlangen. Der Vermieter wird grundsätzlich mit einer Mahnung in Verzug gesetzt. Eine Mahnung kann bereits mit der Mängelanzeige erfolgen, etwa indem dem Vermieter eine angemessene Frist gesetzt wird, bis wann (Datum!) der möglichst genau bezeichnete Mangel zu beseitigen ist.

Diese Frist ist an den Umständen des Einzelfalls zu bemessen. Ist es ein Mangel, der schnell behoben werden kann, kann die Frist kürzer sein. Dauert die Behebung erfahrungsgemäß länger oder sind Handwerker um diese Jahreszeit nur schwer zu finden, ist dies zu berücksichtigen.

Eine Mahnung ist entbehrlich, wenn eine bestimmte Zeit zur Mängelbehebung vereinbart wurde, diese aber verstrichen ist.

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Das Recht zur Selbstbeseitigung bedeutet aber nicht unbedingt, daß der Mieter mit seinen Aufwendungen in Vorleistung gehen muß und erst später seine Aufwendungen erstattet bekommt. Er kann, notfalls auf gerichtlichen Wege, vom Vermieter Vorschuß für die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen.

Ist der Vermieter nicht erreichbar oder nicht rechtzeitig erreichbar, etwa, wenn er gerade in Urlaub ist und be- oder entsteht ein Mangel, dessen Behebung zur Abwendung einer Gefahr für den Mieter oder die Mietsache nicht aufgeschoben werden kann, kann der Mieter ebenfalls entsprechende Maßnahmen veranlassen und vom Vermieter Aufwendungsersatz verlangen.

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