Übernahme des Selbstbehalts ist wettbewerbswidrig

In einer am 30.05.06 veröffentlichten Entscheidung hatte das OLG Frankfurt a.M. über die Praxis einer Autoglaserwerkstätte zu befinden, welche ihren Kunden die teilweise Übernahme des Versicherten-Selbstbehalts versprach, wenn die Kunden die Reparatur bei der Werkstatt durchführen lassen würden.

Das OLG sah darin eine unlautere, wettbewerbswidrige Handlung des Unternehmens, denn es setze eine planmäßige Täuschung ein um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Dem kann nur zugestimmt werden.

Freilich werden nicht andere Kunden oder Wettbewerber getäuscht, aber doch der Versicherer. Dem Kunden wird nämlich ein Vorteil versprochen, der zu Lasten des Versicherers geht: Der Kunde spart sich einen Teil seines Selbstbehalts und ist so geneigt, die Sache bei dieser Werkstatt reparieren zu lassen.

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Nun hat der Versicherer das Schadensrisiko seiner Versicherungsnehmer übernommen und ist darob verpflichtet, entstandene Schäden auszugleichen.

Eine Reparaturrechnung stellt eine ersatzfähige Schadensposition dar - wenn der Betrag tatsächlich in dieser Höhe angefallen ist. So war es hier aber nicht: Die Forderung gegenüber dem Kunden war tatsächlich um den durch die Werkstatt teilweise übernommenen Selbstbehalt geringer.

Die Werkstatt hätte also der Versicherung, welche nur die dem Kunden entstandene Kosten ausgleichen muss, den Preisvorteil weitergeben müssen. Letztlich haben Kunde und Werkstatt den Versicherer getäuscht. Somit liegt ein Verstoß gegen die guten Sitten gemäß §3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 263 StGB vor.

Einige Mitarbeiter der Werkstatt sowie Kunden werden sich möglicherweise strafrechtlich verantworten müssen, da hier der Verdacht des gemeinschaftlichen Betrugs zu Lasten der Versicherung bestehen könnte.

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Quelle:Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11. Mai 2006 - Az: 6 U 7/06

Kommentar: Diese Werbekampagne war wohl durch vorgängige Aktionen anderer Werbetreibender ( Wir sparen Ihnen die Mehrwertsteuer...) inspiriert. Es ist eine beliebte Methode, den Kunden die Abnahme als unangenehm empfundener Dinge zu versprechen und sie damit zum Geschäftsabschluß zu bewegen. Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen.

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Bei der plakativen 16% Mehrwertsteuer-Aktion wurde dem Kunden direkt ein Preisvorteil in dieser Höhe eingeräumt. Schließlich zahlt der Kunde auch selbst. Hier liegt der Fall anders. Ein dritter gleicht den Schaden aus und beide, Kunde und Werkstatt, täuschen den Versicherer über die tatsächliche Schadenshöhe.

Hätte die Werkstatt einen Anwalt vorab mit der Prüfung dieser Werbemaßnahme beauftragt, wäre mit Sicherheit das Veto des Anwalts gekommen und Werkstatt und Kunden hätten keine weiteren teuren Zivil- und Strafverfahren zu vergegenwärtigen.

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